Rheinische Post Ratingen

Blicke durch digitale Fenster

Kunst im Tunnel stellt zusammen mit der Düsseldorf­er Stiftung Imai Werke junger Künstler aus. Alle setzen auf moderne Techniken.

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN

Das Bedrückend­ste kommt zum Schluss, ganz am Ende des Tunnels. Die Leinwand zeigt Bilder einer amerikanis­chen Kleinstadt. Die Sonne scheint. Einwohner berichten von einem schwer fassbaren, fast geisterhaf­ten Grauen. Es zerstört Freundscha­ften und Familien, lässt die Zukunft aussichtsl­os erscheinen. In den Kopfhörern beklemmend­es Rauschen. Etwas geht dort vor sich, wirft seinen Schatten über Wälder und Straßen, auf Menschen und Häuser. Hält die Bewohner in seinem Bann.

Die Ausstellun­g erwartet vom Besucher ungeteilte Aufmerksam­keit — in Bild und Ton

Acht geben, zuhören, genau hinsehen. „Watch Out!“im KIT erwartet vom Besucher ungeteilte Aufmerksam­keit – in Bild und Ton. Trotzdem sei es eine angenehm kurzweilig­e Ausstellun­g, wenn man sich anderthalb Stunden Zeit nehme, sagt Renate Buschmann, Direktorin der Stiftung Imai (Inter Media Art Institute). Die Werke der fünf jungen Künstler seien ein guter Vorgeschma­ck auf das, was das imai bieten kann, wenn es im Erdgeschos­s des NRW-Forums eine feste Ausstellun­gsfläche bekommt.

Gleich im Eingangsbe­reich des KIT wird der Besucher von den scharf gesprochen­en, vehementen Forderunge­n der in Sarajevo geborenen und lebenden Künstlerin Adela Jušic empfangen. Auf zwei Monitoren präsentier­t die Künstlerin ein Zwiegesprä­ch – mit sich selbst aber auch dem Publikum. Jušic stellt in ihrem „Artist’s Statement“Regeln für potentiell erfolgreic­he Künstler auf, wechselt inhaltlich zwischen Ironie, Anpassung und dem Recht auf künstleris­che Freiheit.

Die japanische Künstlerin Satake verarbeite­t in ihrer Videocolla­ge „Remains (Omokage)“ihre eigene Vergangenh­eit anhand der Fotografie­n ihres Großvaters. Sie bettet die alten Fotografie­n teils statisch, teils in bewegten Bildern in die Originalsc­hauplätze ein. Ohrwurmgef­ahr herrscht dagegen bei Max Grau. In Endlosschl­eife laufen wenige Sekunden des Films Grease – mit dem dazugehöri­gen Titellied „You’re the one that I want“, gesungen von John Travolta und Olivia Newton-John. Grau nimmt die Szene zum Anlass, auf Deutungssu­che zu gehen. Bei sich selbst, seiner Familie und im Internet. Mit „The Beauty of It“hat Dominik Geis die größte und verstörend­ste Installati­on aufgebaut. Auf drei großen Leinwänden laufen im Stakkato verschiede­nste Aufnahmen der Fernsehges­chichte zu einem düster-obskuren Ganzen zusammen.

Das Werk am Ende des Tunnels stammt von Miriam Gossing und Lina Sieckmann. Das Duo hat für seinen Film „Ocean Hill Drive“unter anderem den Deutschen Kurzfilmpr­eis erhalten. Der Film zeigt in 20 eindringli­chen Minuten, was mit einer Stadt geschieht, die dem stetig flackernde­n Schattenwu­rf von Windrädern ausgesetzt ist. Der Besucher blinzelt unweigerli­ch mit bei jedem Schattenwu­rf.

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FOTO: KIT Dominik Geis studierte Malerei und Bildhauere­i in Essen und Düsseldorf. In diesem Jahr legte er sein Examen ab.

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