Soziale Kälte in Frankfurt
Ein Obdachloser wird verprügelt und niemand greift ein: harte Szenen eines ARD-Dramas.
FRANKFURT/MAIN (dpa) Zwischen den Wolkenkratzern von Frankfurt am Main geht die Welt des Kapitals ihren Geschäften nach. Unten kämpfen Obdachlose wie Lennard und Sam ums nackte Überleben. Sie fallen im regen Alltagstreiben kaum auf, für den Rest der Gesellschaft scheinen sie nicht zu existieren. Es bedarf der Vogelperspektive, um sie sichtbar zu machen.
In dem Sozialdrama „Frankfurt, Dezember 17“versinnbildlicht Regisseurin Petra K. Wagner das, indem sie die Kamera immer wieder in die Luft steigen lässt. Für die gesellschaftliche Unsichtbarkeit der Obdachlosen findet sie zu Beginn des Films eine Szene, die nicht weniger allegorisch ist: Lennard (Christoph Luser) schlendert angetrunken am Mainufer entlang, wo drei ebenfalls alkoholisierte Halbstarke herumstreunen. Die Jugendlichen überfallen den Obdachlosen und prügeln brutal auf ihn ein. In der Nähe haben die Krankenschwester Irina (Lana Cooper) und der verheiratete Chefarzt Carl (Barnaby Metschurat) Sex im Auto. Sie bekommen den grausamen Angriff zwar mit, greifen aber nicht ein.
Irina gibt der Vorfall zu denken, doch Carl ist der Obdachlose völlig egal. Egoistisch, unmenschlich und gefühlskalt, so zeichnet Wagner diese Welt situierter Bürger, der sie das Milieu der Obdachlosen gegenüberstellt. Lennard wird in Rückblenden als sympathischer Helfer eingeführt, der Sam (Ada Philine Stappenbeck), in seinem Versteck wohnen lässt, pflegt und mit Nahrungsmitteln versorgt. Beide geben einander Halt und kommen sich näher, bis Lennard eines Tages nicht zurückkehrt. Mit dem gewaltsamen Überfall auf ihn ändert sich das Leben dreier Frauen – Sams, Irinas und der Mutter von einem der Täter.
Der Film nimmt sich Themen wie Nächstenliebe, Verantwortung und sozialer Kälte an, wirkt dabei aber emotionsloser, als diese Schlagwörter vermuten lassen. Alles mutet ein wenig unausgegoren an, die Dramaturgie, die Dialoge, die schauspielerische Darstellung. Zwischen Idee und Umsetzung liegen Welten. Das ist schade, denn der Stoff hat durchaus Potenzial.
„Frankfurt, Dezember 17“, Das Erste, 20.15 Uhr