Heukrise macht Ponyhof zu schaffen
Der trockene Sommer hat der Landwirtschaft enorm zugesetzt. Das wirkt sich auch auf Reitbetriebe wie Gut Rodeberg aus.
ERKRATH/UNTERBACH Auf dem Futtermittelmarkt geht es zu wie an den Aktienbörsen: Je größer die Nachfrage und je knapper der Rohstoff, desto höhere Preise können die Verkäufer verlangen. Das bekommt derzeit auch Christina Helm, Inhaberin des Gut Rodebergs, deutlich zu spüren.
Ihre regulären Heulieferanten haben ihre Vorräte bereits abverkauft und wer noch Heu hat, hält es bewusst zurück. Die Not wird am Markt bestimmt. Durch den trockenen Sommer blieb es für viele Bauern bei einer einzigen Mahd im Frühjahr. Erst jetzt im Herbst konnten sie ihre Wiesen ein zweites Mal mähen. Für Heu eignet sich die Herbstmahd aufgrund der Feuchtigkeit jetzt jedoch meist nicht mehr. „Die Herbstmahd wird zu Silage verarbeitet. Silage dient als Kuhfutter; für die empfindlichen Pferdemägen ist sie nicht geeignet“, erklärt Christina Helm das Problem.
Lag der Preis für einen Rundballen Heu im Oktober 2017 zwischen 45 und 55 Euro, steht er in diesem Herbst bei einem Durchschnittspreis von 100 Euro. „Unsere Lieferanten hatten diesen Sommer schon erhebliche Probleme, allen Kunden gerecht zu werden“, erzählt Christina Helm.
Auf der Suche nach Anbietern, die noch Bestände vorrätig haben, hat sie nun auch einige schwarze Schafe kennengelernt, die nicht nur mit ihrer Ware spekulieren. „Wir haben letzte Woche einen Lieferanten mit einem voll beladenen Hänger wieder weggeschickt“, so Helm. Dass dieser die verabredete Liefermenge eigenmächtig erhöht hatte, wäre ja noch in Ordnung gewesen, dass er aber den vereinbarten Preis ebenfalls deutlich nach oben „anpasste“, ließ sie nicht mit sich machen. Zurzeit weiden die 14 Pferde und Ponys von Gut Rodeberg sowie vier weitere vom Tierschutzverein Düsseldorf auf dem Hof untergebrachte Tiere noch auf den Wiesen des Hofs. Spätestens ab November muss Helm jedoch mindestens zwei Ballen Heu pro Woche zufüttern. Um die Versorgung ihrer Tiere unter den aktuellen Bedingungen sicherzustellen, hat sie den Preis für Reitstunden von 20 auf 24 Euro erhöhen müssen. Ein Gehalt zahlt sich die Diplom-Heilund Sprachtherapeutin, die auf ihrem Hof Menschen mit und ohne Beeinträchtigung mit ebensolchen Pferden zusammenbringt, schon lange nicht mehr aus. Ihre Tiere möglichst artgerecht zu halten, sie gesund zu ernähren und ihnen auch im hohen Alter ein schönes Leben zu ermöglichen, gehört ebenso zum Helms Konzept wie denjenigen eine Chance zu geben, die von anderen längst abgeschrieben wurden. Da ist zum Beispiel Walaika, ein ehemaliges Rennpferd, das mit einem Sehnenschaden und anderen Problemen mit vier Jahren aus dem Rennsport ausscheiden musste. Oder Lou, ein Deutsches Reitpony, das sein linkes Auge verlor, sein Leben aber dank seines Pferde-Kumpels Max so gut meistert, dass es weiterhin sogar geländesicher ist. Bei Christina Helm haben sie alle eine neue Heimat gefunden, keinen noch so schweren „Fall“hat sie aufgegeben. Und das will sie auch in Zukunft nicht: „Die Pferde sind unsere Mitarbeiter und Freunde und haben es verdient, in Würde alt zu werden und ihren Lebensabend auf Gut Rodeberg verbringen zu dürfen“, sagt sie. Täglich drei oder sogar vier Stunden im Reitunterricht oder in Reittherapien mitzulaufen, ist für keines der Tiere mehr möglich. Maximal ein bis zwei Stunden sind die Senioren noch im Unterricht, manche nur noch zwei- oder dreimal pro Woche. Entsprechend gering fallen die Einnahmen aus. Die Pferde aus wirtschaftlichen Gründen abzugeben, widerspräche nicht nur Helms Idealismus, sondern auch dem Konzept, das sie seit 2005 auf ihrem Hof vermittelt.
Spenden (auch Sachspenden wie Heu und Einstreu) würden gerade in diesem Winter helfen, das Konzept von Gut Rodeberg auf sicheren Beinen zu tragen. Inklusion und Tierschutz stehen hier an erster Stelle – weit vor dem Reiten. Kinder, aber auch Erwachsene lernen dort in erster Linie die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Pferd. Workshops in Horsemanship, Spaziergänge mit Pferd durch Unterbachs Natur oder das Erlernen der „Sprache der Pferde“bringen Mensch und Tier einander näher.