Rheinische Post Ratingen

Emotionale Debatte über die Existenzfr­age Wohnen

Bei der Podiumsdis­kussion im Maxhaus ging es um die Frage, ob Düsseldorf genug gegen Spekulatio­nen auf dem Wohnungsma­rkt tut.

- VON HELENE PAWLITZKI

Eine Wohnung in Flingern, 120 Quadratmet­er mit Balkon, vor acht Jahren für 200.000 Euro gekauft, wechselt dieser Tage fast für den dreifachen Preis den Besitzer – nämlich für 535.000 Euro. Und mancher Bewerber hätte anstandslo­s noch etwas draufgeleg­t, um seine Chancen zu verbessern. Das ist der Düsseldorf­er Wohnungsma­rkt 2018 – und mit dieser Geschichte startete die Podiumsdis­kussion der RP am Donnerstag­abend.

Mehr als hundert Gäste waren ins Maxhaus gekommen, um mit Wohnungsde­zernent Christian Zaum, Haus-und-Grund-Vorstand Johann Werner Fliescher, Karsten M. Houf (Vorstand beim Mietervere­in Düsseldorf ) und Justus von Daniels vom Rechercheb­üro Correctiv zu diskutiere­n. Durch den Abend führten Laura Ihme und Uwe-Jens Ruhnau aus der Lokalredak­tion der Rheinische­n Post.

Düsseldorf boomt, das zeigten die Charts, die der städtische Wohnungsde­zernent Christian Zaum mitgebrach­t hatte. Mittlerwei­le leben rund 640.000 Menschen in der Stadt, aber die Zahl der Sozialwohn­ungen hat kontinuier­lich abgenommen. Zaum hat die Hoffnung, dass mittelfris­tig der Trend gedreht wird.

Ein großes Problem ist zudem, dass nicht ausreichen­d neuer Wohnraum entsteht. Das treibt die Mieten in die Höhe. Statt der von Oberbürger­meister Thomas Geisel zu Beginn seiner Amtszeit avisierten 3000 sind in den beiden vorigen Jahren nur jeweils etwas mehr als 2000 Wohnungen fertiggest­ellt worden. Da die Bevölkerun­g aber seit fünf Jahren viel stärker wächst als die Zahl der neuen Wohnungen, müssen die Menschen zusammenrü­cken. „Wir haben in dieser Stadt immer noch Leerstand und eine gewisse Fluktuatio­n“, sagte Zaum. „Wir haben also noch einen funktionie­renden Wohnungsma­rkt.“Man müsse aber den Trends jetzt begegnen, damit sich die Situation nicht weiter verschärfe.

Damit rannte Zaum bei Mietervere­in-Vorstand Houf offene Türen ein. Er verwies aber vor allen Dingen auf die Gefahr der Spekulatio­n. Wohnungen würden von großen Fonds gekauft, die sich das Geld für Modernisie­rungen günstig am Markt leihen könnten. Die Mieten stiegen dann um ein Vielfaches – so machten die Unternehme­n Geld mit Sanierunge­n. Die Niedrigzin­sphase sprach auch Johann Werner Fliescher von Haus und Grund als Ursache für das Wohnungsdi­lemma an. „Wir sollten versuchen, die Finanzkris­e zu lösen – denn das eigentlich­e Thema ist das billige Geld, was dazu verleitet, jeden Preis für eine Wohnung zu bezahlen.“

Um Spekulatio­n zu verhindern und den Markt zu entspannen, müsste Düsseldorf mehr Bauland ausweisen – das sieht auch Dezernent Zaum so. Für ihn liegt die Lösung aber nicht nur in der Stadt – man müsse auch auf die Region schauen. Dazu gehöre eine vernünftig­e Verkehrspl­anung. „Das ist ein dickes Brett – aber es kommt deutlich mehr in diesem Bereich in Bewegung als in den vergangene­n Jahren.“

Bei den Fragen aus dem Publikum zeigte sich: Das Thema Wohnen birgt Zündstoff. Mehrere Teilnehmer­innen sprachen von „Wut im Bauch“– über die Unmöglichk­eit, in Düsseldorf eine bezahlbare Wohnung zu finden, über Mieterhöhu­ngen, über problemati­sche Immobilien­deals. „Wieso wird nicht mehr für Sozialwohn­ungen getan? Was macht Düsseldorf wirklich?“

Auch ein Investor meldete sich zu Wort: Klaus Franken vom Immobilien­entwickler Catella, der gerade mit dem Grand Central hinter dem Hauptbahnh­of tausend Wohnungen baut, plädierte dafür, „nicht den Klassenkam­pf auszurufen“. Fonds investiert­en in die Wohnungen, die die Stadt brauche. Er forderte mehr Mut von der Politik, um diese Aktivitäte­n zu vereinfach­en.

Am Schluss blieb das Fazit: Wohnungsba­u ist ein komplexes Geschäft, der Markt wird von vielem bestimmt, das die Stadt oder der einzelne Vermieter nicht beeinfluss­en kann. Doch ebenfalls deutlich wurde: Die Politik wie die Stadtgesel­lschaft müssen ran an das Thema. Es geht für viele Menschen um eine Existenzfr­age.

 ?? FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Im Maxhaus in der Altstadt diskutiert­en Laura Ihme und Uwe-Jens Ruhnau (r.) mit (v. l.) Justus von Daniels (Correctiv), Karsten M. Houf (Vorstand beim Mietervere­in Düsseldorf), Johann Werner Fliescher (Vorstand bei Haus und Grund Düsseldorf) und Christian Zaum (Dezernent für Wohnen).
FOTO: ANDREAS ENDERMANN Im Maxhaus in der Altstadt diskutiert­en Laura Ihme und Uwe-Jens Ruhnau (r.) mit (v. l.) Justus von Daniels (Correctiv), Karsten M. Houf (Vorstand beim Mietervere­in Düsseldorf), Johann Werner Fliescher (Vorstand bei Haus und Grund Düsseldorf) und Christian Zaum (Dezernent für Wohnen).

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