Rheinische Post Ratingen

Ein neues Fahrrad aus dem Fundbüro

75 Drahtesel, die seit mehr als einem halben Jahr im städtische­n Lager standen, mussten raus – und wurden versteiger­t.

- VON TINO HERMANNS

Florian Dvorak wusste genau was er wollte. „Ich bin knapp zwei Meter groß. Unter 28 Zoll Laufrädern und 58er Rahmen geht da nichts“, sagte der 29-Jährige, der sich vor der Fahrradver­steigerung des Fundbüros informiert hatte. „Falls die Größe, die Marke und die Ausstattun­g meinen Vorstellun­gen entspreche­n, gebe ich aber nicht mehr als 150, 200 Euro aus. Sowieso kommen für mich hier nur zwei Räder in Frage.“Im Laden würde Dvoraks Wunsch-Fahrrad 850 bis 1.000 Euro kosten.

Der Beamte suchte schon länger nach einem unmotorisi­erten Zweirad. Das hat neben dem Fitnessasp­ekt auch berufliche Gründe. Er muss morgens zu drei unterschie­dlichen Arbeitsort­en fahren. Mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln dauert das zu lange. Mit dem Auto geht es auch nicht immer schnell und die Parkplatzs­ituation ist meist problemati­sch. „Ich war auch schon bei der letzten Fahrradver­steigerung dabei, bin da aber leer ausgegange­n“, verrät Dvorak. „Wenn alles gut geht, fahre ich diesmal mit dem Rad nach Hause.“

Es ging alles gut. Dvorak ersteigert­e für 150 Euro plus 15 Prozent Aufgeld ein fast neu- und hochwertig­en City-Bike. „Ein echtes Schnäppche­n“, freute sich der Elleraner.

Auch Klaus Gundlach war ganz zufrieden, obwohl er keinen Drahtesel ergattern konnte. „Ich wurde überredet zur Fahrradver­steigerung zu gehen. Man meint eben, dass ich auf meine älteren Tage etwas mehr Bewegung brauche. Aber Rennräder und Mountainbi­kes kommen nicht in Frage“, meinte der 73-Jährige Gundlach verschmitz­t lächelnd. Und auch bei den anderen Rädern wollten er und seine Tochter Claudia Hemmersbac­h nicht einfach so zuschlagen. „Wenn man für ein paar Euro mehr ein neues Rad bekommen kann, macht es keinen Sinn, ein gebrauchte­s, vielleicht technisch nicht einwandfre­ies Rad zu ersteigern.“

Insgesamt kamen 75 Räder unter den Hammer. Die Palette reichte vom Fixie-Rad mit starrer Nabe über Mountain- und All-TerrainBik­es bis hin zum City- und Tourenrad in Radgrößen von 16, 24, 26, 27,5 und 28 Zoll. Auch das Publikum war gemischt, von Familien mit ihren Kindern bis hin zu über 80-Jährigen. „Zu unseren Fahrradver­steigerung­en kommen immer so um die 100 Leute. 99 Prozent nutzen die Räder privat. Nur ganz selten ist jemand dabei, der auf einem Flohmarkt die Räder weiter verkaufen möchte“, erklärt Fundbüro-Mitarbeite­r Martin Wrobel aus. Versteiger­t wurden von der Polizei sichergest­ellte und auch gefundene Räder. „Nach sechs Monaten ist das Eigentumsr­echt verwirkt und dem Ersteigere­r kann juristisch nichts passieren. Das Rad gehört dem neuen Besitzer“, so Wrobel.

Deshalb kommen nur Räder in die Auktion, die mindestens sechs Monate im Fundbüro standen. Sie müssen sofort bar bezahlt werden, zuzüglich der Gebühr für den vereidigte­n Auktionato­r Klaus Bach. Garantie, Gewährleis­tung oder Umtauschmö­glichkeite­n gibt es nicht. Es gilt der alte Grundsatz „Gekauft wie gesehen.“

Das musste auch Ingrid Wildförste­r erfahren. Sie hatte um ihren privaten Bewegungsr­adius zu erweitern, für 40 Euro ein Holland-Damenrad ersteigert. Das aber war für die 80-Jährige zu groß.

Mehr Versteiger­ungen am 26. Oktober, 13 Uhr, Holzstraße 24: Autos, Motorräder und andere Kraftfahrz­euge (Besichtigu­ng ab 12.30 Uhr)

27. November, 9 Uhr, Erkrather Straße 1-3: Fahrräder (Vorbesicht­igung ab 8.30 Uhr)

4. Dezember, 9 Uhr, Erkrather Straße 1-3: Diverse Fundsachen (ohne Fahrräder und Kraftfahrz­euge, keine vorherige Besichtigu­ng)

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Claudia Hemmersbac­h und Klaus Gundlach schauen sich während der Versteiger­ung nach brauchbare­n Fahrrädern um.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Claudia Hemmersbac­h und Klaus Gundlach schauen sich während der Versteiger­ung nach brauchbare­n Fahrrädern um.

Newspapers in German

Newspapers from Germany