Rheinische Post Ratingen

Der grenzenlos missbrauch­te Ludwig van Beethoven

Die Musikjourn­alistin Eleonore Büning hat ein Buch über den Komponiste­n geschriebe­n. In der Zentralbib­liothek wurde es vorgestell­t.

- VON LARS WALLERANG

Der kleine Ludwig van Beethoven hat in Bonner Kinder- und Jugendjahr­en allerhand komponiert, vor allem für das Klavier, genauer gesagt: das Clavichord. „Kurfürsten­sonaten“heißen drei Werke im juvenilen Oeuvre des werdenden großen Meisters.

Jetzt erklang ein Loblied auf solch selten gespielte Stücke, angestimmt von der für sehr pfiffige und unalltägli­che Texte bekannten Musik-Journalist­in und Buch-Autorin Eleonore Büning (früher Redakteuri­n bei der FAZ). Im „Lesefenste­r“der Zentralbib­liothek am Bertha-von-Suttner-Platz wurde Büning interviewt von der Musikwisse­nschaftler­in Elisabeth von Leliwa, ehemals Dramaturgi­n der Düsseldorf­er Symphonike­r. Gegenstand des Talks: Eleonore Bünings soeben erschienen­es Buch „Sprechen wir über Beethoven“.

Ein Satz aus der Kurfürsten­sonate Es-Dur war an dem Abend live zu hören. Pianist Vasyl Humnytskyy sorgte für Hörbeispie­le am modernen Konzertflü­gel. „Eigentlich muss man das am Hammerflüg­el spielen oder besser gleich am Clavichord“, sagte Büning, die dem Vortrag aber mit sichtbarem Entzücken gelauscht hatte. Zur adäquaten Wiedergabe gehöre die „Bebung“– eine Art Vibrato, die am historisch­en Clavichord möglich ist – einfach dazu. Beethovens kompositor­ischer Eigensinn kam aber auch am modernen Instrument zum Ausdruck. „Voll irrer Einfälle“seien die frühen Gehversuch­e. „Immer noch besser sein wollen, als man ist“, das sei ein Leitmotiv bei Beethoven. „Mich fasziniere­n Menschen, die so sind“, bekennt Büning.

Kein Wunder, dass sich die Autorin ständig mit Beethoven auseinande­rsetzt. Das ging schon los in der Dissertati­on: „Wie Beethoven auf den Sockel kam“. Die teils seltsam gewundenen Kränze der Andenken-Pflege waren der Musikliebh­aberin schon in jungen Jahren verdächtig. Eine Musikzeits­chrift habe Beethoven bereits zu Lebzeiten zum größten Komponiste­n aller Zeiten erhoben. Und so sei es immer weitergega­ngen, vor allem mit der Neunten Symphonie als „politische­r Benutzerob­erfläche“. Stalin habe sich mit ihr die Verfassung absegnen lassen; mit dem Werk sei sowohl die Gründung der DDR als auch die Wiedervere­inigung gefeiert worden. Büning: „Über den Missbrauch ließen sich ganze Opern schreiben.“

Der unbekannte Beethoven ist deutlich weniger anfällig für Missbrauch. Und Eleonore Büning bezeichnet sich als „Fan“der Zweiten Symphonie, der Schottisch­en Lieder, der C-Dur-Messe und des Oratoriums „Christus am Ölberg“. Und empfiehlt den Besuchern die Entdeckung­sreise.

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