Vorlesungen mal anders
Ob mit Schauspielern im Hörsaal, durch Praxisbezug oder integrierte Forschung – in NRW wird an Hochschulen innovativ gelehrt.
DÜSSELDORF Ein Hörsaal mit 300 vollbesetzten Plätzen, vorn geht der Professor durch eine Präsentation. Einige Studenten schreiben mit, manche dösen, andere quatschen. So sieht es in vielen Standard-Vorlesungen an deutschen Hochschulen aus. Aber es gibt auch einige Formate, die andere Wege gehen. Viele Lehrende machen sich zunehmend Gedanken, wie sie ihre Studierenden besser mitnehmen können und entwickeln ungewöhnliche Lehr-Formate. Hier einige Beispiele aus NRW:
„House im Hörsaal“Die Poliklinik für Rheumatologie der Uniklinik Düsseldorf hat einmal im Jahr einen wahren Star zu Gast: den genialen Diagnostiker Dr. Gregory House, stilecht verkörpert mit Krückstock von Markus Gaubitz, Rheumatologe aus Münster. Schauspieler mit verschiedenen Symptomen werden bei der Reihe „House im Hörsaal“vorstellig, House und sein Team aus Studierenden müssen die Fälle lösen – und die Zuhörer lernen so das Fach Rheumatologie besser verstehen, das für schwierige Diagnosen steht und für Symptome und Beschwerden, die sich in vielen Bereichen des Organismus niederschlagen.
Lehr-Lern-Labore Diese richten sich speziell an Lehramtsstudierende und sollen diese besser auf ihren Einsatz an den Schulen vorbereiten. In den Lehr-Lern-Laboren können die Studenten testen, wie sie ihr theoretisches Wissen den Schülern am besten praktisch vermitteln. Das geschieht mit kleinen Gruppen von Schülern im geschützten Uni-Umfeld. Anschließend wird der Versuch reflektiert, überarbeitet und erneut ausprobiert. In Paderborn werden in diesem Rahmen zum Beispiel Konzepte für den inklusiven Mathematikunterricht erprobt. Im „Geo“Lehr-Lern-Labor der Uni Münster lernen Studierende, wie sie Experimente im Geographieunterricht didaktisch sinnvoll einsetzen.
Forschung vor Ort Einen Lehrpreis der Uni Duisburg-Essen gab es für das Projekt „Hochzeitsgeschäfte in Marxloh“. Dabei untersuchten Masterstudierende der Soziologie die berühmte Marxloher Hochzeitsmeile, deren Geschichte, Gegenwart und wirtschaftliche Strahlkraft. Sie waren vor Ort unterwegs und lernten so ihre Stadt noch besser kennen. Die abschließende Projektpräsentation stieß sowohl bei den Bürgern Duisburgs als auch bei wissenschaftlichen Fachvertretern auf großes Interesse und ließ die Studierenden erfahren, dass ihr theoretisch erworbenes Wissen nicht nur für ihr Studium relevant ist, sondern auch große praktische Bezüge herstellt und für die Gesellschaft von Nutzen ist.
Forschendes Lernen Dass Studierende bereits im Studium selbst erste Problemstellungen entwickeln und lösen, ist derzeit noch selten. Dennoch arbeiten viele Hochschulen an Projekten zum so genannten „forschenden Lernen“. Besonders die Uni Münster ist dabei schon weit gekommen, forschendes Lernen spielt an immer mehr Fachbereichen eine Rolle. Vorreiter war die Pharmazie: Dort forschen die Studierenden ab dem fünften Semester in Kleingruppen an einem bestimmten Thema und lernen so frühzeitig die Forschungsmethoden ihres Fachs kennen.
Wissenschaftlich arbeiten Ebenfalls für eine gute Idee in der Lehre ausgezeichnet wurde Ralf Ostendorf vom Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule Niederrhein. Sein Projekt heißt „Schriftenreihe“: Dabei motiviert der Professor für Finance and Business Management seine Studierenden dazu, bereits im Studium wissenschaftlich zu schreiben. Ziel ist es, dass die Studierenden ihre Beiträge im Anschluss auch publizieren. „Die Studierenden schaffen sich damit ein Alleinstellungsmerkmal. Sie haben noch keinen Bachelorabschluss – aber schon Veröffentlichungen“, sagt Ostendorf.
Just-in-Time-Teaching Ein 90-minütiger Vortrag mit wenig Interaktion zwischen Professor und Studenten – daran wollte Jens Lechtenbörger von der Uni Münster etwas ändern. Er arbeitet nun nach der Methode „Just-in-Time Teaching“(bedarfsorientierte Lehre) und stellte seine Vorlesung „Operating Systems“im Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik darauf um. Das Konzept erfordert eine kontinuierliche Mitarbeit im Semesterverlauf, kombiniert werden vorbereitender Lektüre, online abzugebenden Aufgaben, Gruppenarbeiten und die Vorlesung, in der nun Diskussionen im Vordergrund stehen.