Maaßens Abschiedsrede im Wortlaut
Ein Auftritt des Verfassungsschutz-Präsidenten in Warschau führte zur aktuellen Eskalation.
BERLIN (RP) Hans-Georg Maaßen muss aufgrund fragwürdiger Äußerungen seinen Posten abgeben. Die umstrittene Abschiedsrede, die Maaßen vor den Chefs der europäischen Inlandsgeheimdienste in Warschau am 18. Oktober hielt, ist nun öffentlich geworden. Auszüge der Rede lesen Sie folgend im Wortlaut.
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich heute aus diesem Kreis nach über sechsjähriger Zugehörigkeit von Ihnen verabschieden. Manche Abschiede sind geplant, [...] andere Abschiede sind nicht geplant und etwas überraschend, wie bei mir.
Die Vorsitzenden der drei Parteien, die die Bundesregierung in Deutschland bilden, Frau Merkel, CDU, Herr Seehofer, CSU, und Frau Nahles, SPD, hatten am 23. September beschlossen, dass ich als Präsident des Bundesverfassungsschutzes abgelöst werden soll. [...] Die SPD hatte mit einem Bruch der Koalition gedroht, wenn ich weiter im Amt bleiben würde. Hintergrund der Regierungskrise war die Tatsache, dass ich am 7. September gegenüber der größten deutschen Tageszeitung ,Bild’-Zeitung die Richtigkeit der von Medien und Politikern verbreiteten Berichte über rechtsextremistische ,Hetzjagden’ bzw. Pogrome in Chemnitz in Zweifel gezogen hatte.
Am 26. August 2018 war ein Deutscher von Asylbewerbern in Chemnitz getötet worden. Am gleichen Tage gab es Demonstrationen in Chemnitz gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung von normalen Bürgern aber auch von Rechtsextremisten. Dabei kam es vereinzelt zu Straftaten. Am folgenden Tag und an den darauffolgenden Tagen stand nicht das Tötungsdelikt im politischen und medialen Interesse, sondern rechtsextremistische ,Hetzjagden gegen Ausländer’. Diese ,Hetzjagd’ hatte nach Erkenntnissen der lokalen Polizei, der Staatsanwaltschaft, der Lokalpresse, des Ministerpräsidenten des Landes und meiner Mitarbeiter nicht stattgefunden. Sie waren frei erfunden. Ich habe bereits viel an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation erlebt.
Dass aber Politiker und Medien ,Hetzjagden’ frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland. Die Medien sowie grüne und linke Politiker, die sich durch mich bei ihrer Falschberichterstattung ertappt fühlten, forderten daraufhin meine Entlassung. Aus meiner Sicht war dies für linksradikale Kräfte in der SPD [...] der willkommene Anlass, um einen Bruch dieser Regierungskoalition zu provozieren. Da ich in Deutschland als Kritiker einer idealistischen, naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik bekannt bin, war dies für meine politischen Gegner und für einige Medien auch ein Anlass, um mich aus meinem Amt zu drängen. Aufgrund des schon erwähnten Beschlusses der drei Parteivorsitzenden werde ich mein Amt aufgeben, sobald ein Nachfolger bestimmt ist. [...] Bundesinnenminister Seehofer, der mich und meine Position in dieser politischen Auseinandersetzung sehr unterstützte [...], möchte mich als seinen Berater bei sich behalten. [...] Jedenfalls kann ich mir auch ein Leben außerhalb des Staatsdienstes zum Beispiel in der Politik oder in der Wirtschaft vorstellen. [...] “