Rheinische Post Ratingen

Fortuna muss noch viel lernen

Die Offensive wirkte beim 0:3 in Mönchengla­dbach zwar verbessert, genügt im Abschluss aber noch lange nicht Bundesliga-Ansprüchen. Dafür demonstrie­rt der Klub auf sehr emotionale Weise Zusammenha­lt.

- VON BERND JOLITZ

Die Botschaft war ebenso ungewöhnli­ch wie unmissvers­tändlich. Am Morgen nach der 0:3-Niederlage bei Borussia Mönchengla­dbach postete Fortuna bei Facebook den Text: „Ihr könnt uns belächeln, Ihr könnt Euch über uns lustig machen oder uns sogar abschreibe­n... Aber seid Euch sicher: Wir werden jede Woche wiederkomm­en, nicht aufgeben und es immer wieder aufs Neue versuchen!“Dazu stellte der Klub ein Foto, das die Spieler mit erhobener Faust vor dem Gästeblock des Borussia-Parks zeigt (siehe oben).

Was das Foto wegen der Perspektiv­e nicht leisten kann, ist der Ergänzung wert: Viele der mehr als 5000 Düsseldorf­er Fans erwiderten die Geste und unterstric­hen mit lauten „Fortuna, Fortuna“-Rufen, dass sie trotz sechs Punktspiel-Niederlage­n in Folge voll hinter der Mannschaft stehen und die Möglichkei­ten der Truppe realistisc­h einschätze­n. Ein hochemotio­naler Moment.

Die Verbindung stimmt also zwischen Mannschaft und Fans, sieht man einmal von den nicht nachvollzi­ehbaren Pyrotechni­k-Auswüchsen ab. Wenn der Klub jedoch seinem nach dem Aufstieg ausgegeben­en Motto „Gekommen um zu bleiben“Taten folgen lassen will, genügt der Schultersc­hluss mit dem Anhang nicht – so wichtig er auch ist.

Die Gründe für die Niederlage in Mönchengla­dbach sind vielschich­tig. Natürlich spielte die Fehlentsch­eidung von Schiedsric­hter Felix Brych, der einen Handelfmet­er für Gladbach verhängte, obwohl Kaan Ayhans angelegter Arm angeschoss­en wurde, eine maßgeblich­e Rolle. Denn so einfach, wie es sich Borussen-Trainer Dieter Hecking machte („Wir hätten auch ohne den Elfmeter gewonnen“), ist die Sache selbstvers­tändlich nicht. Bis zu Hazards Strafstoß-Treffer hatte sich der Favorit extrem schwer getan, und trotz des gesunden Selbstbewu­sstseins der Gastgeber ist keineswegs sicher, dass sich das geändert hätte.

Dennoch fassten sich die Fortunen schon kurz nach dem Abpfiff an die eigene Nase und taten gut daran. „Wir wollten es ein bisschen zu sehr erzwingen“, meinte Stürmer Rouwen Hennings. „Derzeit haben wir nicht die nötige Ruhe vor dem Tor.“Stimmt: Mehrmals eroberten die Düsseldorf­er gegen die lange Zeit nicht gerade passsicher­en Gladbacher den Ball und fuhren gefährlich­e Konter – allerdings nicht zu Ende. „Da fehlte die letzte Entschloss­enheit“, kritisiert­e Trainer Friedhelm Funkel. „Das ist eben der Unterschie­d, ob man bei einem Viertligis­ten in Ulm oder in Mönchengla­dbach spielt.“

Diese Kritik muss sich auch Dodi Lukebakio gefallen lassen, der zwar Gegenspiel­er Oscar Wendt so oft düpierte, dass dem Schweden ein Schleudert­rauma drohte. Entschloss­en Richtung Tor zog jedoch auch der Belgier nicht, auch wenn er einmal Pech hatte, als der ganz schwache Brych ihm eine aussichtsr­eiche Szene fälschlich­erweise als Foul auslegte. „Dodi war zwei-, dreimal zu verspielt“, sagte Funkel. „Überhaupt treffen wir zu oft falsche Entscheidu­ngen in der Offensive. Das haben wir in den ersten fünf Saisonspie­len besser hinbekomme­n.“

Diesen Punkt muss Fortuna schnell wieder erreichen, wenn das Abenteuer Bundesliga nicht gar zu schnell beendet sein soll. In Gladbach wirkte ihr Angriffssp­iel zwar verbessert, nicht zuletzt wegen der Besetzung mit vier gelernten Offensiven (Hennings, Lukebakio, Marvin Ducksch und Takashi Usami). Im Abschluss blieb der Aufsteiger aber erschrecke­nd harmlos.

Zweite Großbauste­lle ist die Defensive, die zwar am Sonntag insgesamt gut stand, erneut aber unter kapitalen individuel­len Fehlern litt. Was Ayhan bei seinem Fehlpass vor dem 0:2 ritt, wird nie zu klären sein und ließ nicht nur Klubboss Robert Schäfer ratlos zurück: „Da müssen Sie schon Kaan selbst fragen.“Funkel sagte dazu: „Darüber werden wir natürlich reden. Man kann den Ball auch einfach mal wegschlage­n.“Viel Zeit zum Lernen bleibt nicht, denn schon am Samstag (15.30 Uhr, Arena) geht es gegen Hertha BSC weiter. Und eine weitere Niederlage ließe den Graben zu den rettenden Plätzen schon gefährlich groß werden.

 ?? FOTO: CHRISTOF WOLFF ?? Die erhobene Faust als Zeichen für Zusammenge­hörigkeit und Kampfgeist: Fortunas Spieler (v. li.) Rouwen Hennings, Marcin Kaminski, Michael Rensing, Kaan Ayhan, Kevin Stöger, Dodi Lukebakio, Jannick Theißen, Marvin Ducksch, Kenan Karaman und Davor Lovren nach dem Abpfiff vor dem Gästeblock des Mönchengla­dbacher Stadions. Frauen-Niederrhei­nliga
FOTO: CHRISTOF WOLFF Die erhobene Faust als Zeichen für Zusammenge­hörigkeit und Kampfgeist: Fortunas Spieler (v. li.) Rouwen Hennings, Marcin Kaminski, Michael Rensing, Kaan Ayhan, Kevin Stöger, Dodi Lukebakio, Jannick Theißen, Marvin Ducksch, Kenan Karaman und Davor Lovren nach dem Abpfiff vor dem Gästeblock des Mönchengla­dbacher Stadions. Frauen-Niederrhei­nliga

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