Sky du Mont liest aus Giacomo Casanovas Tagebuch
„Zweiklang! Wort und Musik“im Robert-Schumann-Saal verbindet Literatur und Kammermusik. Am Sonntag kamen die Worte jedoch zu kurz.
Er sei sein ganzes Leben lang Opfer seiner Sinneslust gewesen, schrieb Giacomo Casanova in sein Tagebuch. Um kokett hinzuzufügen: „Ich war niemals ein Verführer von Beruf. Wenn ich verführte, wusste ich davon nichts.“Dabei trug der Venezianer (1725-1798) doch selbst dazu bei, seinen Ruf als nimmersatter Liebhaber zu untermauern: „Ich stellte den schönsten Weibern nach, war immer empfänglich für Verlockungen.“
In Erwartung, von Sky du Mont (71) mehr über den Frauenhelden und seine erotischen Ausführungen zu erfahren, fand sich ein überwiegend weibliches Publikum im Robert-Schumann-Saal ein. Die Lesung „Casanova, oder: Die Freiheit des Willens“gehörte zur noblen Reihe „Zweiklang! Wort und Musik“. Daher freuten sich die Anwesenden auch auf das Armida Quartett aus Berlin, das mit Werken von Mozart und Haydn die Zeit Casanovas anklingen ließ. Sky du Monts markante Stimme machte den Anfang mit einem Zitat des Schriftstellers undPhilosophen:„Nachallem,was ich im Laufe meines Lebens Gutes oder Böses getan habe, bin ich überzeugt, für den guten oder bösen Ausgang selber verantwortlich zu sein. Es folgt daraus, dass ich an die Freiheit des Willens glaube.“Sofort danach setzte die Musik ein – und wollte nicht mehr aufhören. Satz für Satz wurden drei Streichquartette abgearbeitet. Wunderschön gespielt, aber zu ausufernd. Schade, dass sich dabei bisweilen ein unschönes Gefühl von Ungeduld einschlich. Das war beileibe nicht die Schuld des famosen Armida Quartetts. Nur erwarteten die Besucher bei diesem literarisch-musikalischen Programm eine zumindest gleichgewichtige Lesung – so wie man es von „Zweiklang“gewohnt ist.
Am Ende war der konzertante Anteil auf über eine Stunde angeschwollen. Ein Genuss, Sky du Mont zuzuhören. Doch er kam mit dazwischen gestreuten Zwei- bis Drei-Minuten-Bröckchen allenfalls eine halbe Stunde zu Wort. Nicht ganz nachvollziehbar, warum sich der Schauspieler auf diese einseitige Gewichtung einließ. Gern hätte man noch mehr von dem gebildeten, weitgereisten Casanova erfahren. So blieb es bei knappen Episoden: wie er mit zehn Jahren zum ersten Mal Lust auf ein etwas älteres Mädchen verspürte. Wie er als Student in Padua herausfand: „Ich mochte scharf gewürzte Speisen und den süßen Geruch der Frauen, die ich geliebt habe.“Und wie enttäuscht er war, dass ihm in Wien viele Lustbarkeiten versagt waren – weil die fromme Kaiserin Keuschheitskommissare ausschickte. Mit 72 zog Casanova Bilanz: „Gewisse Freuden kann die Erinnerung zurückrufen, dann genieße ich sie ein zweites Mal.“
„Wenn ich verführte, wusste ich davon nichts“
Giacomo Casanova Venezianischer Schriftsteller