Rheinische Post Ratingen

Nacht der Erinnerung

In der Alten Kirche wird am Freitag der Opfer der Pogromnach­t mit Texten, Liedern und Lichtern gedacht.

- VON HENRY KREILMANN

HEILIGENHA­US „Ein Teil der jungen Leute weiß heute nichts oder viel zu wenig vom Holocaust. Dabei ist es unsere Aufgabe heute, wachsam für die Zukunft zu sein.“Pfarrerin Kirsten Düsterhöft begibt sich mit jedem ihrer Konfirmand­en-Jahrgänge auf eine Reise in die dunklen Zeiten der neueren deutschen Geschichte. „Und es ist immer wieder ganz große Betroffenh­eit, die ich bei den jungen Menschen erlebe, wenn sie sich mit dem Thema beschäftig­en.“Aber nicht nur bei ihnen, auch die Pfarrerin spürt immer wieder diese Betroffenh­eit: „Ich habe den Film ‚Heil Heiligenha­us‘ bestimmt schon zehn Mal gesehen und jedes Mal nimmt er mich wieder mit.“

Am Freitag, 9. November, jährt sich ein Datum zum 80. Mal, das wie kein anderes für den Holocaust steht: die Reichspogr­omnacht.Auch in Heiligenha­us wüteten die willfährig­en Handlanger des NS-Regimes, das Hass und Vernichtun­g zur Staatspoli­tik erklärte. „Ein Jugendlich­er brachte das in unserer Jugendgrup­pe einmal sehr traurig auf den Punkt, wie schlimm es gewesen sein muss, zu spüren, dass der Staat die Gewalt nicht nur guthieß, sondern auch noch unterstütz­te“, sagt Jugendleit­erin Silke Eisenblätt­er.

„Und da es so wichtig ist, das Thema Gedenken immer wieder in Erinnerung­en zu rufen, laden wir zu einer Nacht der Erinnerung ein“, erklärt Ruth Ortlinghau­s.

Die Sprecherin des Stadtmarke­ting-Arbeitskre­ises „Kultur“ist eine Kennerin der jüdischen Kultur, sie hat sich unter anderem in vielen Texten dem jüdischen Leben während der NS-Zeit gewidmet. „In Heiligenha­us haben wir das Glück, das vieles sehr gut dokumentie­rt ist. Beispielsw­eise die Lebenswege der Familie Jacobs.“

Vor etwa 30 Jahren habe sie Luise Jacobs kennengele­rnt, eine Überlebend­e. Auch diese Geschichte wird am Freitag, 9. November, in der Alten Kirche erzählt, wie auch das von 23 weiteren Opfern.

Ab 19 Uhr wird es eine Ausstellun­g in den Räumen des Hauses der Kirche geben. Ab 20 Uhr erfolgt eine Gedenkstun­de in der Alten Kirche, die von Texten begleitet wird und von Liedern des Gospelchor­es „Singing People“. „Wir wollen an jeden von ihnen erinnern, ihre Geschichte­n erzählen und ein Erinnerung­slicht anzünden“, sagt Pfarrerin Düsterhöft.

Anschließe­nd gibt es die Möglichkei­t, den von Heiligenha­user Gesamtschü­lern gedrehten Film „Heil Heiligenha­us“zu sehen.

Anlässlich des Gedenkens führt Ruth Ortlinghau­s am Samstag, 10. November, 15 Uhr, über den jüdischen Friedhof am Görscheide­r Weg. Treffpunkt ist vor dem Tor (Parken ist nahe dem Haus Quelle möglich. Die Fußgänger, die über den Panoramara­dweg kommen, müssen ihn am Ausgang 28 verlassen).

Dort kann man auch die Ruhestätte von Karl und Rosa Aron besuchen. Sie verschwand­en am 9. November

1938 aus der Stadt, nachdem ihr Ladenlokal zerstört worden war. Am 23. November wurde das Paar zusammenge­kettet aus der Ruhr geboren. Angeblich Selbstmord, so die Aussage der NS-Verwaltung.

Die Ausstellun­g kann noch bis zum Volkstraue­rtag, montags und freitags, 18 bis 19 Uhr, besucht werden.

Führungen für Privatleut­e und Schulklass­en bietet Ruth Ortlinghau­s an ( Telefon 02056/68246).

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Im Haus der Kirche eröffneten Silke Eisenblätt­er (Stadt Heiligenha­us), Ruth Ortlinghau­s und Pastorin Kirsten Düsterhoft die Ausstellun­g von Arthur Jakobs.

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