13 Prozent der Familien sind Patchworkfamilien
150.000 Ehen wurden in Deutschland 2017 geschieden. Etwa die Hälfte dieser geschiedenen Ehepaare hatte minderjährige Kinder, heißt es beim Statistischen Bundesamt. Zugleich finden viele Mütter und Väter nach einer Trennung wieder einen neuen Partner: Bis zu 13 Prozent der Familien in Deutschland sind Stiefbeziehungsweise Patchworkfamilien.
„Wichtig ist, dass gerade diese Familien sich frühzeitig mit der Testamentsgestaltung und der Regelung der Vermögensnachfolge auseinandersetzen. Denn durch die neue Konstellation entstehen komplexe Fragestellungen. Immerhin müssen die Partner in der neuen Familie auch bei der Regelung ihrer Erbfolge verschiedenste Interessen und verschiedene Familienstämme unter einen Hut bekommen. Und in der Regel sollen ja sowohl die Kinder aus der vorherigen Beziehung abgesichert werden als auch der neue Partner und/ oder mögliche weitere gemeinsame Kinder aus der neuen Beziehung“, sagt Jens Gartung, Rechtsanwalt und Partner der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Schröder Fischer. Er ist Experte für Familienrecht und Vermögensnachfolge und berät seine Mandanten regelmäßig bei allen rechtlichen Fragestellungen in diesem Zusammenhang.
Er betont daher, dass erbrechtliche Regelungen für den Fall des Ablebens eines der Partner in diesen Konstellationen empfehlenswert seien, um eindeutige Lösungen herzustellen und spätere Streitereien und Rätselraten über den Willen des Verstorbenen zu verhindern. Dabei müsse bedacht werden, dass die jeweiligen Ex-Partner als leibliche Mütter beziehungsweise Väter der Kinder im Erbfall Rechte für minderjährige Kinder geltend machen können, die die Erbfolgeregelung der Patchwork-Partner beeinflussen können.
„Die Testamentsgestaltung ist kein Selbstläufer, sondern muss zahlreiche Details beachten. Zum einen stellt sich natürlich die Frage nach dem Ehestand der neuen Partner. Als Eheleute können die Patchwork-Partner ihre Erbfolge jeweils in einem Einzeltestament, zusammen in einem gemeinschaftlichen Testament oder auch in einem Erbvertrag regeln. Leben die Patchwork-Partner ohne Trauschein zusammen, scheidet das gemeinschaftliche Testament aus. Dies ist Eheleuten vorbehalten“, erläutert der Düsseldorfer Rechtsanwalt. Zum anderen sei die Frage wichtig, ob jeder Partner nur seine eigenen leiblichen Kinder im Testament bedenken will oder ob alle vorhandenen Kinder als Erben eingesetzt werden sollen.
Letztlich seien Patchwork-Partner von den gleichen Motiven bei der Vorsorgegestaltung getrieben wie Menschen in erster Ehe. „Es geht um die professionelle und umfassende Absicherung des Partners und der Kinder im Todesfall. Das juristisch einwandfreie Testament, das die Vorstellungen, Ziele und Wünsche des Erblassers eindeutig formuliert, ist ein wesentliches Instrument für jede Familie und sollte nicht erst irgendwann und nicht zwischen Tür und Angel gestaltet werden“, warnt Jens Gartung. Je früher dies aufgesetzt werde, desto größer sei die Absicherung im plötzlichen Erbfall, der durch Unfall oder Krankheit jederzeit auftreten kann. „Der Vorteil: Jedes Testament kann im Laufe der Zeit angepasst werden. Es geht nicht darum, mit Mitte 30 bereits die komplette Nachlassplanung durchgeführt zu haben. Sondern darum, einen grundlegenden Schutz der Familie und des Vermögens zu erreichen und die Erben nicht mit ungeklärten Fragen allein zu lassen.“
Für Jens Gartung bildet das Testament den Mittelpunkt des persönlichen „Notfallkoffers“. Darin stecken alle Dokumente, die im Krisenfall benötigt werden, um die eigene Geschäftsfähigkeit und die der Familie zu bewahren. Dazu gehören auch Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, betont der Experte. „Entscheidendes Kriterium ist, die Handlungsfähigkeit zu erhalten und die Entscheidungen nicht in die Hände eines gesetzlich bestellten Betreuers legen zu müssen.“Auch bei der Gestaltung von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht unterstützen Anwälte wie Jens Gartung.
Er verweist auch auf den wichtiger werdenden Bereich des digitalen Nachlasses. Dazu gehören Profile in den Sozialen Medien. Ein solcher Fall – eine Streitigkeit zwischen Facebook und der Mutter eines verstorbenen Mädchens um den Zugang zum Account der Tochter – wurde kürzlich vom Bundesgerichtshof entschieden. Der BGH wies darauf hin, dass der digitale Nachlass grundsätzlich genauso zu behandeln sei wie der analoge.