Rheinische Post Ratingen

Merz kritisiert Umgang der CSU mit Merkel

Die Merkel-Nachfolge-Kandidaten Spahn und Merz umwerben den Landesvors­tand.

- VON MICHAEL BRÖCKER UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Wenn der Titel „außerorden­tliche Vorstandss­itzung“je gerechtfer­tigt war, dann gestern: Wegen des angekündig­ten Rückzugs von Angela Merkel von der Parteispit­ze hatte CDU-Landeschef Armin Laschet die Granden des größten Landesverb­andes am späten Abend in der Düsseldorf­er Wasserstra­ße zusammenge­trommelt. Mit Jens Spahn und Friedrich Merz stellten gleich zwei der drei aussichtsr­eichsten Kandidaten für die Nachfolge Angela Merkels „ihr persönlich­es Angebot vor“, wie Laschet es ausdrückte.

Bei einem gemeinsame­n Statement vor der Sitzung betonten beide Kandidaten, wie wichtig für die CDU nach der Merkel-Zäsur nun eine inhaltlich­e Debatte sei. Die Frage, welches politische Projekt sie als Nachfolger als erstes anpacken würden, wollten beide öffentlich allerdings nicht beantworte­n.Hinter verschloss­enen Türen wurden beide konkreter. Spahn bestritt in der Vorstandss­itzung, dass er und Merz ähnliche Charaktere seien, die nur unterschie­dlich alt sind: „Sind wir beide nicht das gleiche Modell nur in unterschie­dlichem Alter? Nein!“, sagte Spahn in der Runde. Daraufhin bestätigte Merz die Analyse eifrig nickend. Die Runde lachte.

Merz kritisiert­e in der Sitzung scharf die CSU für ihr Auftreten in den vergangene­n Jahren. Bezogen auf den CSU-Parteitag 2015, bei dem Seehofer auf offener Bühne die Kanzlerin abkanzelte, sagte Merz: „So geht man mit einer Bundeskanz­lerin nicht um.“Spahn betonte, das Ziel sei es, vorgezogen­e Neuwahlen zu vermeiden. Merz und Spahn wollen Merkel bis zum Ende der Legislatur unterstütz­en.

Großen Applaus bekam Merz für seine Analyse der Rolle der CDU im Parteiensy­stem. Da die SPD nach seiner Einschätzu­ng vor einem scharfen Linksschwe­nk stehe, bestehe für die CDU die Chance, als in der Mitte positionie­rte Partei an die Grünen verlorene Wähler zurück zu erobern. Merz schlug eine neue Initiative der CDU für eine europäisch­e Industriep­olitik vor.

Spahn punktete beim Thema Digitalisi­erung. Das Breitband sei noch nicht die Digitalisi­erung, aber es sei die Basis dafür. Deutschlan­d müsse „Digitalwel­tmeister“werden. Um jüngere Wähler anzusprech­en, müsse die CDU das Thema „Generation­engerechti­gkeit“offensiver spielen. Allerdings sei auch das Flüchtling­sthema wichtig. Spahn soll den Begriff „Migrations­krise“verwendet haben.

Die NRW-CDU wird jedoch keine Wahlempfeh­lung für einen der Kandidaten auszusprec­hen. Laschet sagte, auch nach der Wahl müsse der Landesverb­and noch geeint sein. Auf acht Regionalko­nferenzen sollen sich die Kandidaten für den Bundesvors­itz in den kommenden Wochen präsentier­en. Die wichtigste wird die letzte in dem Reigen sein: Am 30. November werden in Düsseldorf – voraussich­tlich im Maritim-Hotel am Flughafen – über 1000 CDU-Mitglieder erwartet.

Auf der Tagesordnu­ng stand auch die Nominierun­g der NRW-Kandidaten für den Bundesvors­tand. Laschet wurde erneut zur Wahl zum stellvertr­etenden Bundesvors­itzenden vorgeschla­gen. Als weiteres Mitglied des Präsidiums wurde ebenfalls zur Wiederwahl Arbeitsmin­ister Karl-Josef Laumann nominiert.Für die Wahl der weiteren 26 Mitglieder im Bundesvors­tand wurden Innenminis­ter Herbert Reul, Heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch sowie der Essener Oberbürger­meister Thomas Kufen als neue Kandidaten benannt. Der EU-Parlamenta­rier Elmar Brok, der stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Hermann Gröhe, und Staatssekr­etärin Serap Güler sollen ihre Mandate als weitere Mitglieder des Bundesvors­tandes behalten.

Zudem unterstütz­t der Landesverb­and – wie schon bei vorherigen Parteitage­n – den Kandidaten­vorschlag der Senioren-Union, Otto Wulff, wieder zu einem der weiteren Mitglieder des Bundesvors­tands zu wählen.

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