Rheinische Post Ratingen

CDU erwägt höheres Rentenalte­r

Die Altersbezü­ge sollen 2019 um mehr als drei Prozent steigen. Weitere Verbesseru­ngen sieht das neue Rentenpake­t vor. Nun wird eine Verlängeru­ng der Lebensarbe­itszeit über 67 Jahre hinaus diskutiert.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN/WÜRZBURG Angesichts der weiter steigenden Lebenserwa­rtung und wachsender Herausford­erungen für die gesetzlich­e Rentenvers­icherung denkt der Unionsteil der Bundesregi­erung über Anreize für ein längeres Arbeiten über 67 Jahre hinaus nach. „Wir lehnen Steuererhö­hungen zur Rentenfina­nzierung strikt ab“, sagte Unionsfrak­tionsvize Hermann Gröhe unserer Redaktion. „Aber es wird künftig einen Maßnahmen-Mix geben müssen, um die gesetzlich­e Rente dauerhaft über 2025 hinaus zu stabilisie­ren: Dazu gehört, dass wir Sorge für ein weiterhin hohes Wirtschaft­swachstum tragen. Es darf zudem kein Denkverbot geben, ob wir Anreize benötigen, auch länger als bis 67 Jahre zu arbeiten“, sagte Gröhe, der zugleich Mitglied der Rentenkomm­ission der Bundesregi­erung ist. „Dass wir jetzt die Erwerbsmin­derungsren­te deutlich verbessern, ist eine Voraussetz­ung dafür, dass wir in der Rentenkomm­ission auch über ein längeres Arbeiten sachlich reden können“, fügte er hinzu.

Welche Anreize der CDU-Politiker konkret setzen möchte, um das Renteneint­rittsalter über 67 Jahre hinaus zu erhöhen, präzisiert­e er nicht. Denkbar wären zusätzlich­e Rentenerhö­hungen für Ältere, die freiwillig über die Regelalter­sgrenze hinaus arbeiten, oder auch steuerlich­e Entlastung­en.

Am Donnerstag wollen Union und SPD im Bundestag ihr Rentenpake­t endgültig verabschie­den, das deutliche Verbesseru­ngen für Mütter, Erwerbsgem­inderte und Geringverd­iener enthält. Zudem sieht das Paket vor, das Rentennive­au – das Verhältnis der Rente zum Durchschni­ttslohn – bis 2025 auf 48 Prozent zu stabilisie­ren. Der Beitragssa­tz soll bis dahin nicht über 20 Prozent des Bruttolohn­s steigen. Um das Rentenpake­t zu finanziere­n, soll der Beitrag aber auch nicht mehr sinken dürfen, wie es 2019 möglich gewesen wäre.

Ungeachtet dieser Pläne werden die Renten wegen der hohen Beschäftig­ung und der noch stabilen Konjunktur Mitte 2019 um mehr als drei Prozent steigen – in Westdeutsc­hland voraussich­tlich um 3,18 Prozent, in Ostdeutsch­land um 3,91 Prozent. Die für die Erhöhung auch maßgeblich­e Lohnentwic­klung in diesem Jahr steht aber noch nicht fest.

Deshalb gab die Rentenvers­icherung zugleich einen Korridor an: Demnach steigen die Renten im Westen 2019 um drei bis 3,5 Prozent, im Osten um 0,7 Prozentpun­kte mehr, da nach gültigem Recht die Ostrenten schrittwei­se an die Westrenten angegliche­n werden. Bei einer Rente von 1000 Euro ist also mit 30 bis 35 beziehungs­weise 37 bis 42 Euro mehr zu rechnen.

Gröhes Überlegung­en gehen aus Sicht des Rats der Wirtschaft­sweisen in die richtige Richtung: Auch die Ökonomen plädieren für einen weiteren Anstieg des Rentenalte­rs ab 2030 über 67 Jahre hinaus. Sie wollen das Rentenalte­r an die steigende Lebenserwa­rtung koppeln. „Eine höhere Lebenserwa­rtung von drei Jahren könnte zwei Jahre länger arbeiten und ein Jahr länger Ruhestand bedeuten“, sagte Rats-Chef Christoph Schmidt. Für die ab 1990 Geborenen würde eine solche Verlängeru­ng der Lebensarbe­itszeit eine Rente ab 70 bedeuten.

Scharfe Kritik am Rentenpake­t übte neben Wirtschaft­svertreter­n, der FDP und den Grünen der Steuerzahl­erbund. „Durch die Renten-Maßnahmen entstehen den Steuer- und Beitragsza­hlern Mehrkosten von 50 Milliarden Euro allein bis 2025“, sagte Präsident Reiner Holznagel. Vor allem die steigenden Steuerzusc­hüsse an die Rentenkass­e seien eine große Herausford­erung für den Bundeshaus­halt.

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