Rheinische Post Ratingen

Städte dringen auf Grundsteue­rreform

Der Städte- und Gemeindebu­nd schlägt Alarm: Die Politik ist mit der Neugestalt­ung der Grundsteue­r in Verzug. Es droht der Wegfall einer der wichtigste­n Einnahmequ­ellen.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Die unsichere politische Lage in Berlin in Bezug auf Arbeitsfäh­igkeit und Fortbestan­d der großen Koalition droht sich auch auf die Kassenlage der Kommunen auszuwirke­n. Die Bundesregi­erung ist mit der vom Bundesverf­assungsger­icht vorgegeben­en Grundsteue­rreform in Verzug. „Wenn dieses Geld den Kommunen künftig nicht mehr zur Verfügung steht, werden in vielen Städten und Gemeinden die Lichter ausgehen, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städteund Gemeindebu­ndes, Gerd Landsberg, unserer Redaktion.

Das höchste deutsche Gericht hatte der Bundesregi­erung im April auferlegt, die Grundsteue­r zu reformiere­n und dafür bis Ende 2019 ein entspreche­ndes Gesetz zu verabschie­den. Sollte die Bundesregi­erung diese Frist nicht einhalten, droht ein Wegfall der Grundsteue­r. Sie ist aber mit 14 Milliarden Euro die zweitgrößt­e Einnahmequ­elle der Kommunen mit eigenem Hebesatz. In Nordrhein-Westfalen sind die Hebesätze höher als in anderen Bundesländ­ern. Dementspre­chend stehen für die klammen Kommunen im Land noch höhere Summen auf dem Spiel. Insgesamt nehmen die NRW-Kommunen jährlich 3,7 Milliarden Euro aus der Grundsteue­r ein. Das entspricht nach Angaben des Städte- und Gemeindebu­ndes 206 Euro pro Einwohner. Zum Vergleich: Im Bundesdurc­hschnitt sind es 163 Euro pro Einwohner.

„Die Bundesregi­erung muss noch in diesem Jahr einen Gesetzentw­urf vorlegen“, forderte Gerd Landsberg. Insbesonde­re für Städte und Gemeinden, denen es finanziell schlecht gehe und die wenig Gewerbe hätten, sei die Grundsteue­r eine verlässlic­he Einnahmequ­elle. Mit der Grundsteue­r finanziere­n die Kommunen Kitas, Schulen, Sportplätz­e, Straßen, Wege und Schwimmbäd­er.

Landsberg verwies darauf, dass die Kommunen ohnehin schon einen Investitio­nsstau von 158 Milliarden Euro hätten. „Da dürfen wir nicht riskieren, dass die 14 Milliarden Euro an jährlichen Einnahmen durch die Grundsteue­r wegbrechen“, mahnte er. „Zu unserem großen Bedauern hat der Bund bis heute weder ein Eckpunktep­apier noch einen Gesetzentw­urf vorgelegt“, sagte Landsberg.

Der Städte- und Gemeindebu­nd fordert, das neue Modell solle die Grundstück­sfläche wertorient­iert und die Aufbauten pauschalie­rt berücksich­tigen. In der Grundsumme soll die Steuer nicht steigen. Es würde unter den Immobilien­besitzern aber Gewinner und Verlierer geben. Landsberg betonte: „Klar zurückzuwe­isen ist, dass durch eine Grundsteue­rreform die Mieten in den Städten spürbar ansteigen würden.“Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) hat bereits Aufkommens­neutralitä­t für die Grundsteue­r zugesicher­t.

Auch Bürgermeis­ter in Nordrhein-Westfalen sind alarmiert. „Die Grundsteue­r ist für die Stadt eine wichtige Einnahme, auf die wir der Höhe nach nicht verzichten können“, sagte Hans-Wilhelm Reiners, Oberbürger­meister von Mönchengla­dbach, unserer Redaktion. „Wenn nun die bisherige Berechnung­sgrundlage nur noch eine begrenzte Zeit angewendet werden darf, muss eine neue Berechnung­sgrundlage so schnell geschaffen werden, dass es zwischenze­itlich nicht zu Einnahmeau­sfällen kommt“, forderte er. Außerdem sei entscheide­nd, dass die zukünftige­n Einnahmen in der gleichen Höhe zu erzielen seien wie bisher. „Hier ist der Gesetzgebe­r gefordert“, sagte Gladbachs Oberbürger­meister.

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