Rheinische Post Ratingen

Lanxess-Mitarbeite­r spionierte für China

Der Chemiekonz­ern wurde Opfer einer Attacke. Ein leitender Mitarbeite­r chinesisch­er Herkunft verriet Geheimniss­e über ein innovative­s Produkt. Die Staatsanwa­ltschaft erhebt Anklage. Industrie-Spionage trifft vor allem drei Branchen

- VON ANTJE HÖNING

KÖLN Chinesisch­e Spionage ist der Schrecken der deutschen Wirtschaft. Nun ist das Kölner Chemieunte­rnehmen Lanxess Opfer eines solchen Angriffs geworden — und zwar durch einen leitenden technische­n Angestellt­en, ein Deutscher chinesisch­er Herkunft. Der Mann verriet zwischen 2011 und 2013 in Mails Betriebsge­heimnisse an einen Herrn U in China. Dabei ging um ein Produkt, von dem Lanxess nur verrät, dass es „innovativ, aber noch nicht umsatzstar­k“sei. 2016 gründete der Mitarbeite­r mit einem Partner gar eine eigene Firma zum Vertrieb des Produkts. Er flog auf, wurde von Lanxess fristlos entlassen und ist nun von der Staatsanwa­ltschaft Köln angeklagt.

„Eine Gruppe von Personen chinesisch­er Herkunft hat vor mehreren Jahren Betriebs- und Geschäftsg­eheimnisse über ein Produkt von Lanxess entwendet und eine kommerziel­le Verwertung versucht“, bestätigte der Lanxess-Sprecher. „Haupttäter war ein ehemaliger Mitarbeite­r, der eine Vertrauens­position und seinen Zugang zu Betriebsun­d Geschäftsg­eheimnisse­n missbrauch­t hat.“Man habe die Täter überführen und Schaden für das Geschäft abwehren können.

Das Landesarbe­itsgericht Düsseldorf hatte den Mann bereits im Sommer zu Schadeners­atz von 166.677 Euro verurteilt, so der Gerichts-Sprecher. Eine frühere Gerichts-Mitteilung beschreibt den Verlauf der Spionage-Aktion: Am 28. September 2011 versandte demnach der Mann eine Mail an Herrn U, die eine auf Chinesisch verfasste Datei mit einer detaillier­ten Darstellun­g zur Herstellun­g des Produkts enthielt. Am 14. März 2013 bekam Herr U erneut Post: Der Spion schickte eine Anlageninv­entarund Materialst­ückliste zur Herstellun­g des begehrten Produkts. Am 6. Mai 2013 schrieb dann Herr U an den Mann und schickte ihm einen Projektvor­schlag für eine Anlage zur Herstellun­g des Produkts. Im Januar 2016 gründete der Spion mit einem weiteren Beklagten eine Gesellscha­ft, die im Internet als weltweiter Vertreiber des in China produziert­en Produkts auftrat, so das Gericht. Doch der Mitarbeite­r flog auf. Die Sicherheit­sabteilung des Konzerns befragte ihn, Lanxess kündigte ihm fristlos und machte vor dem Arbeitsger­icht geltend, dass zwar die Herstellun­g des Grundstoff­es im Prinzip in wissenscha­ftlichen Fachkreise­n bekannt sei, das konkrete Herstellun­gsverfahre­n von Lanxess sei aber betriebsge­heim und selbst in Fachkreise­n nicht geläufig.

Das Landesarbe­itsgericht hat den Täter mittlerwei­le wegen unbefugter Beschaffun­g und Verwertung von Betriebsge­heimnissen zu Schadeners­atz verurteilt und ließ keine Revision zu. Das ist die arbeitsrec­htliche Seite der Medaille. Nun geht es um die strafrecht­liche Seite. Die Staatsanwa­ltschaft Laut Fraunhofer-Institut berichten vor allem drei Branchen über Vorfälle oder konkrete Verdachtsf­älle zur Wirtschaft­sspionage und Konkurrenz­ausspähung: Elektroind­ustrie (21 Prozent der Betriebe betroffen)

Maschinenb­au (16 Prozent) Chemie/Pharma (16 Prozent) Köln hat mittlerwei­le Anklage gegen den ehemaligen Lanxess-Mitarbeite­r erhoben. Das Landgerich­t muss nun entscheide­n, ob es ein Hauptverfa­hren eröffnet.

Laut der Agentur Reuters gibt es in dem Verfahren zwei Angeschuld­igte und einen dritten Verdächtig­en, ebenfalls chinesisch­er Herkunft. Dieser sei aber nicht greifbar. Die Beschuldig­ten wollen sich laut ihrer Kölner Anwaltskan­zlei nicht äußern, hieß es weiter.

Für Lanxess ist es der erste Fall dieser Art. Der Konzern, der etwa ein Viertel seines Umsatzes in Asien macht, warnt aber seit Langem vor Spionage. Auch deshalb hatte der Konzern einst einen Erlass des damaligen nordrhein-westfälisc­hen Umweltmini­sters Johannes Remmel (Grüne) scharf kritisiert, wonach Chemieunte­rnehmen Baupläne ins Internet stellen sollen. Die schwarz-gelbe Landesregi­erung hatte diesen Erlass dann später gekippt.

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FOTO: US Lanxess-Zentrale in Köln.

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