Von den Geschichten hinter der Kunst
Die Galerie Ludorff zeigt den Mal-Theoretiker Winfred Gaul, die Galerie Hans Strelow präsentiert Maler Emil Schumacher.
Sie sind große Maler der Moderne, die Farbe liebend, beide dem Informel zugeordnet, weil man für Künstler gemeinhin ein stilistisches Schema finden muss. Mehr als um das Informel, das ihre Anfänge prägte, haben sich sowohl Emil Schumacher (1912 - 1999) als auch Winfred Gaul (1928 - 2003) um Farbe an sich verdient gemacht. Sie haben eigene explosive, intensive Farbwelten auf Leinwand eröffnet in einer Zeit, als die Kunstgeschichte nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs in
„Schwarz ist meine Lieblingsfarbe“Emil Schumacher
Maler (1912 - 1999)
Deutschland völlig neu und radikal begann. Und beide — den Düsseldorfer Gaul und den Hagener Schumacher — verbindet, dass sie Maler, aber keine Massenmaler waren.
Zwei Galerien zeigen jetzt die zwei Farbzauberer und bieten einen Schatz an Bildern zum Verkauf an. Das Meiste stammt aus den Künstlernachlässen, darunter kleinere Auflagenwerke, die sich für junge Sammler eignen. Bei Hans Strelow am Luegplatz sind das Druckgrafiken ab 2000 Euro, während das Preisgefüge seiner 15 präsentierten Bilder bei 70.000 Euro beginnt und sich auf bis knapp eine halbe Million Euro erstreckt. Bei Ludorff gibt es eine Gaul-Grafik schon ab 950 Euro, kleine Leinwände kosten um die 15.000 Euro, große Werke bis 45.000 Euro.
Die Zahlen sind das Eine, — der Kunstmarkt will bekanntlich gerne vor den Fachleuten über Rang und Namen bestimmen — dabei sind die Geschichten das Interessante. Die Geschichten, die die Bilder erzählen. Dass Emil Schumacher von seinem Galeristen fast überredet werden musste, seine Bilder erstmals in einer Galerie zu präsentieren.
1981 lernten sie sich kennen, der auf amerikanische Kunst spezialisierte Strelow und der Hagener Künstler. Wieso zeigen Sie eigentlich keinen deutschen Maler, musste sich Strelow damals fragen lassen. Abstrakte und ungegenständliche US-Malerei waren sein Thema, mit dem er in Düsseldorf ankam. Das gab es praktisch nicht zu dieser Zeit, in der Pop Art und Minimal Art den Markt dominierten.
Eine glückliche Fügung sei die Begegnung gewesen. „Schumacher ist mein Künstler“, sagt Strelow heute, er habe ihn mit aufgebaut. Bis zu dessen Tod im Jahr 1999 kam Schumacher jedes Jahr zu Strelow, die beiden Männer verband eine kreative Freundschaft. Die Entwicklungen, die der Künstler nahm, bildete Strelow kontinuierlich ab; heute vertritt er den Nachlass.
Schumacher ist in bedeutenden Sammlungen vertreten, auch in der Kunstsammlung NRW. Seine Gemälde stellen eine gestische, später materialorientierte Sonderform des deutschen Informels dar. Mit der Zeit wurde die Palette seiner Farben lichter, schließlich grellbunt, feurig. „Rapa“gefällt Strelow am besten, ein Feuerbild, wie Lava schmiegt sich schwarzes Gebälk um die Glut . „Januar“oder „Santiago“sind vielleicht die wichtigsten Werke in der aktuellen Schau, beide Öl auf Holz. Die Titel sind meist erfunden, Schumacher verbat es sich und anderen, etwas in seine abstrakten Kompositionen hineinzudeuten.
Aus drei Jahrzehnten stammen die in der Galerie zu einer feinen Ausstellung geordneten Gemälde, der Titel „Vom Dunkel ins Helle“ist einem Zitat entlehnt: „Schwarz ist meine Lieblingsfarbe“, so Schumacher, der zeitlebens vor seinen Bildern tanzte, und dass aus dem Dunkel heraus seine Werke entstünden. „In den Bildern entstehen Flecken von Licht, von Himmel, von Kosmos, mitsamt der Hoffnung, die ich damit verbinde.“
Winfred Gauls lebenslange Auseinandersetzung mit der Malerei war von Zweifeln geprägt. „Malerei ist die Reflexion des Malers über die Möglichkeit, Malerei zu machen“, liest man in einem Grundlagentext. Nahm er noch 1959 mit informellen Arbeiten an der documenta II teil, wandte er sich bald von dem Malstil ab. Der Maltheoretiker forderte mehr Aktion, ganz Vertreter seiner aufbegehrenden Generation, die Kunst sollte aus dem Elfenbeinturm heraus in die Gesellschaft getragen werden. Vergleicht man seine frühen Bilder mit dem späten, den „Verkehrszeichen“und „Signalen“, findet man keinen gemeinsamen Nenner.
Der Wegbereiter des deutschen Informel begab sich in den 1960er Jahren auf die Spielwiese der Pop Art und lotete die Farbfeldmalerei aus. Das Facettenreiche seines Oeuvres ist spannend. Seine farbstarken geometrisch angeordnete Tafeln bilden den Schwerpunkt der Ausstellung bei Ludorff, die ebenfalls aus dem Nachlass bestückt ist und anlässlich des 90. Künstlergeburtstags mit Gauls Witwe erarbeitet wurde.
In ihrer Fast-Monochromie sind sie markant und seltsam modern. Der Galerist glaubt an eine Wiederentdeckung und Neubewertung dieses Malers. Welches ist das beste Stück in der Ausstellung? „Hommage au peintre inconnu“, sagt Ludorff. „So radikal, wie es ist, macht es den Künstler unvergleichlich.“Das gelbe Quadrat hat zwei symmetrisch angebrachte Einwürfe, grauschwarz, eine Zäsur wie eine Taille.
Solche und weitere Gemälde von Winfred Gaul hat der Düsseldorfer Sammler Willi Kemp in seinem Leben zusammengetragen und dem Kunstpalast geschenkt. So hat man in Düsseldorf nun die einmalige Chance, viel von Gaul sehen und vielleicht sogar erwerben zu können. „Noch ist er vergleichsweise preiswert mit Tendenz nach oben“, sagt der Galerist.