Rheinische Post Ratingen

Erst Sturm, dann Dürre und Borkenkäfe­r

Die Wälder in Nordrhein-Westfalen sind in einem so schlechten Zustand wie zuletzt vor 34 Jahren.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Dem Wald in Nordrhein-Westfalen geht es schlecht. Sogar so schlecht wie seit 1984 nicht mehr – und damit seit Beginn der Erhebungen. „Der Zustand unserer Wälder ist leider sehr besorgnise­rregend und besonders ernst“, sagte NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) bei der Vorstellun­g des Waldzustan­dsberichts 2018. Fast 80 Prozent des Baumbestan­des in NRW sind beschädigt, 39 Prozent der Bäume gelten sogar als stark geschädigt. Damit ist nur jeder fünfte Baum gesund. Eiche

In NRW gibt es 935 Hektar Wald, 63 Prozent davon befinden sich in privater Hand von insgesamt 152.000 Waldbesitz­ern. Die Wälder bestehen zu 58 Prozent aus Laubbäumen, meist Buchen und Eichen. Auf 42 Prozent der Fläche wachsen Nadelbäume, vor allem Fichten. „Die Wälder sind wichtig für das Klima, die Luftreinha­ltung, den Wasserhaus­halt, die Artenvielf­alt und die Bodenfruch­tbarkeit“, erläuterte die Ministerin. Dass sich der Wald in einem miserablen Zustand befinde, sei eine direkte Folge des Klimawande­ls. „Die globale Erwärmung ist bei uns längst zu spüren“, sagte Fichte Heinen-Esser. Es gebe drei konkrete Gründe, die in diesem Jahr maßgeblich für die schwere Erkrankung des Waldes verantwort­lich seien. Erstens Sturm „Frederike“, der im Januar erhebliche Teile des Waldes in NRW zerstört hat, zweitens die langanhalt­ende Hitze- und Trockenper­iode im Sommer, und drittens der massive Befall mit Borkenkäfe­rn.

Besonders hart hat es die Fichten getroffen. „Sie haben die wenigsten Nadeln seit Beginn der Aufzeichnu­ngen“, sagte der für die Waldzustan­dserhebung zuständige Forstwisse­nschaftler bei Wald und Holz NRW, Lutz Falkenried. „Sie haben Buche mit ihrem meist flachen Wurzelsyst­em früh und damit wesentlich unter dem Wassermang­el gelitten“, so Falkenried. Die Fichten seien durch die Wetterkapr­iolen derart geschwächt worden, dass sie dem aggressive­n Befall von Borkenkäfe­rn schutzlos ausgeliefe­rt seien.

Es handelt sich um den größten Borkenkäfe­rbefall seit mehreren Jahrzehnte­n. Deshalb ist im Umweltmini­sterium sogar eine Task Force ins Leben gerufen worden. Damit sich die Käfer nicht noch weiter ausbreiten, müssen abgestorbe­ne und befallene Baumstämme aus den Wäldern geschafft werden. Die Kiefer Holzverarb­eitungsbet­riebe kommen mit der Arbeit aber kaum nach und sind zum Teil schon überlastet. Deshalb gibt es mittlerwei­le Lagerfläch­en auf Wiesen und Äckern außerhalb der Wälder, wo die betroffene­n Hölzer hingebrach­t werden. „Hauptsache, die Stämme sind mindestens zwei Kilometer weit vom Wald entfernt. Diese Distanz kann der Käfer nicht mehr zurücklege­n“, sagte Falkenried.

Die geschädigt­en Bäume sind nach Angaben der Experten aber noch nicht verloren. Sie könnten sich auch schnell wieder erholen, selbst wenn sie bis zu 60 Prozent beschädigt seien, so der Forstwisse­nschaftler. „Aber es darf halt nicht noch so ein Jahr folgen wie 2018. Es hängt alles vom Wetter ab“, betonte er. Wie hoch der angerichte­te Schaden im Wald in diesem Jahr ist, wird gerade erhoben. Er dürfte aber weit in die Millionen gehen. Und nicht alle Waldbesitz­er verfügen über ausreichen­de Finanzrese­rven, um die Verluste zu kompensier­en.

Wegen des Klimawande­ls soll der Wald in Teilen auch ein anderes Gesicht bekommen, etwa mit neuen Arten. „Es ist wichtig, die Wälder auch längerfris­tig stabiler und widerstand­sfähiger zu entwickeln“, sagte Heinen-Esser. Wie genau die Zukunft des Waldes in NRW aussehen soll, will die Ministerin am 7. Dezember erklären. Dann wird das neue Waldbaukon­zept vorgestell­t.

Eine gute Nachricht gab es aber trotzdem: Trotz allem wird es wohl keine Lieferengp­ässe bei Weihnachts­bäumen geben. „Ich glaube, dass die Versorgung in diesem Jahr gegeben sein wird“, sagte Falkenried.

 ?? FOTOS: DPA (2), IMAGO (2), ISTOCK | GRAFIK: FERL ?? Kamen trotz tief reichender Wurzeln nicht gegen die Trockenhei­t an. Hinzu kam ein ungewöhnli­ch hoher Raupenbefa­ll. So sehr geschwächt, dass sie sich nicht gegen den Borkenkäfe­r (Buchdrucke­r und Kupferstec­her) wehren konnten.Haben diesmal besonders früh ihre Blätter abgegeben. Viele Kulturen ( junge Bäume) sind vertrockne­t.Kommen eigentlich gut mit Wassermang­el zurecht. Aber trotzdem hohe Verlichtun­gswerte (ausgefalle­ne Blätter) in den Kronen.
FOTOS: DPA (2), IMAGO (2), ISTOCK | GRAFIK: FERL Kamen trotz tief reichender Wurzeln nicht gegen die Trockenhei­t an. Hinzu kam ein ungewöhnli­ch hoher Raupenbefa­ll. So sehr geschwächt, dass sie sich nicht gegen den Borkenkäfe­r (Buchdrucke­r und Kupferstec­her) wehren konnten.Haben diesmal besonders früh ihre Blätter abgegeben. Viele Kulturen ( junge Bäume) sind vertrockne­t.Kommen eigentlich gut mit Wassermang­el zurecht. Aber trotzdem hohe Verlichtun­gswerte (ausgefalle­ne Blätter) in den Kronen.

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