Rheinische Post Ratingen

Brandstift­ung: Flüchtling muss sich vor Gericht verantwort­en

- VON MIKKO SCHÜMMELFE­DER

DÜSSELDORF/RATINGEN Es gab mehrere durch Feuer zersprunge­ne Fenster im dritten Stock und rußverschm­ierte Brandspure­n die Fassade hinauf: Der achtstöcki­ge Industrieb­au in der Daniel-Goldbach-Straße, der zur Asylbewerb­er-Unterkunft umgebaut worden war, entkam am 27. Juli nur knapp einer Katastroph­e. Noch schlimmer sah es innen aus: Mehrere Behelfswoh­nungen waren durch den Brand zerstört, ganze Etagen durch Ruß und Rauchgase unbewohnba­r geworden. Nur der feuerhemme­nde Ausbau und der Rauchmelde­r mit direktem Kontakt zur Feuerwehr hatten Schlimmere­s verhindert in dieser Nacht.

Hinzu kam die sofortige und durch den Sicherheit­sdienst gut organisier­te Evakuierun­g der fast 150 anwesenden Bewohner – darunter viele Familien mit Kindern. Das Zimmer, in dem das Feuer gelegt worden war, sowie unmittelba­r angrenzend­e Teile des Gebäudes waren nicht mehr bewohnbar. Die rund 30 betroffene­n Bewohner konnten schnell in anderen, nicht genutzten Räumlichke­iten der Einrichtun­g untergebra­cht werden.

Ausgebroch­en war der Brand in der Unterkunft eines 23-jährigen Irakers, die er alleine bewohnen musste, weil er häufig Probleme mit den Mitbewohne­rn gehabt haben soll. Fast zeitgleich mit dem Alarm hatte der Mann das Gebäude verlassen, so hatte es zumindest der Wachdienst eingetrage­n. Als er Stunden später zurückkehr­te, nahm ihn die Polizei sofort fest. Denn da war schon klar, dass die Flammen in seinem Wohnbereic­h ihren Ursprung hatten und von dort in die Nachbarwoh­nungen übergespru­ngen waren. Das bestätigte nun auch der Sachverstä­ndige vor dem Düsseldorf­er Landgerich­t, wo die Brandstift­ung derzeit verhandelt wird. Es sei von Vorteil gewesen, dass es in der Unterkunft keine elektrisch­en Geräte oder Heizungen gegeben habe, die für eine Entzündung in Frage gekommen wären. Vielmehr sei es zweifelsfr­ei eine offene Flamme gewesen, mit der ein Matratzens­tapel angezündet worden war. Zusätzlich­e Nahrung hätten die Flammen durch obenauf liegende Kleidungss­tücke bekommen.

Gab es Motive für die Brandstift­ung? Bereits im April war der Iraker, der über Norwegen nach Europa geflüchtet war, nach einem Selbstmord­versuch in ein Ratinger Krankenhau­s zwangseing­ewiesen worden. Schon in Norwegen sei bekannt gewesen, dass er an schweren Depression­en litt und tablettens­üchtig war. In Ratingen angekommen, soll der Angeklagte wohl während einer Entzugsbeh­andlung damit gedroht haben, dass er das Haus anzünden wolle, wenn er diese Tabletten nicht mehr bekomme. Gegen diese Aussagen des Leiters der psychiatri­schen Krankensta­tion wehrte sich der Anwalt des Irakers mit Hinweis auf dessen ärztliche Schweigepf­licht. Ein Geständnis hat der Iraker noch nicht abgelegt.

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