Cum-fake-Skandal setzt Scholz unter Druck
Steuerbetrug in Milliardenhöhe durch zwielichtige Aktiengeschäfte – das ist die Geschichte von Cum-ex-Geschäften. Doch es geht noch krasser.
FRANKFURT Die Staatsanwaltschaft Köln hat unter anderem gegen Mitarbeiter einer deutschen Bank ein Ermittlungsverfahren wegen Steuervergehen eingeleitet. Bei den jetzt bekannt gewordenen Im Fall dieser neuen Betrügereien geht es um so genannte „American Depositary Receipts“, kurz: ADR. Banken hierzulande stellen solche Papiere zu dem Zweck aus, dass Investoren an den Börsen in den USA etwa mit Aktien europäischer Unternehmen handeln können. Diese ADR-Papiere stehen also stellvertretend für ausländische Aktien. Damit das funktioniert, muss jedes Papier mit Aktien oder zumindest Teilen einer Aktie hinterlegt sein. Genau das waren sie in diesen Betrugsfällen nicht. Die Staatsanwaltschaft geht nun der Frage nach, ob in diesen Geschäften „ein weiteres Modell liegen könnte, mit denen illegal die Kapitalertragssteuer ‚gezogen‘ wurde“, so Staatsanwalt René Seppi. Wegen der neuen Entwicklungen ist der Druck auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gewachsen. Eigentlich sei jetzt ein unabhängiger Sonderermittler nötig, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar..
Cum-fake-Geschäfte kann man als raffinierte Fortführunf des Betrugs bei Cum-ex-Deals verstehen. „Da steckt eine hochgradige kriminelle Energie dahinter“, sagt der Steuerspezialist Christoph Spengel von der Uni Mannheim. Bei Cumex ging es vereinfacht darum, dass rund um den Dividendenstichtag eine Aktie den Besitzer wechselte und der Fiskus am Ende zweimal Kapitalertragsteuer erstattete, obwohl die Steuer nur einmal gezahlt worden war. Die deutschen Behörden haben dieser Möglichkeit 2012 einen Riegel vorgeschoben.
Aufwand und Energie aber haben sich für die Beteiligten gelohnt. Schätzungen zu Folge haben die Cum-ex-Geschäfte ein Loch von mindestens 30 Milliarden Euro in die Kassen des Fiskus geschlagen. Experten gehen davon aus, dass durch den Cum-Fake-Betrug nochmal ein Schaden im hohen dreistelligen Millionenbereich entstanden ist. Ein mögliches Schlupfloch für diese Gelder hat das Bundesfinanzministerium mittlerweile ausgemacht und es vorige Woche geschlossen. Das Ministerium erklärt, dass Steuerbescheinigungen ausschließlich für ADR-Papiere ausgestellt werden dürfen, die sich tatsächlich im Depot des jeweiligen Instituts befinden. Zudem muss für sie natürlich die Kapitalertragsteuer auf die dem ADR zugrundeliegende Aktie abgeführt worden sein. Für nicht mit Aktien hinterlegte ADR – sozusagen Phantom-ADR – ist das folglich unzulässig. „Sollten Bescheinigungen dennoch beantragt und ausgestellt worden sein, liegt ein klarer Gesetzesverstoß vor“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Es handele sich um einen „ernsten Vorgang“, dem das Ministerium mit Hochdruck nachgehe. Aus Sicht von Steuerexperte Christoph Spengel hat das Bundesfinanzministerium zu spät und zu zögerlich auf die Cum-Fake-Fälle reagiert. „Seit 2002 spätestens lag das Problem von Cum-ex-Geschäften auf dem Tisch. Ab 2011 hat man dann reagiert, das aber danach offenbar
nicht mehr konsequent genug weiter verfolgt“. In diese Kerbe schlägt auch der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick. „Groß angelegte Steuertricksereien wie Cumex, Cum-cum und Cum-fake-Deals werden trotz aller Warnungen und der erschreckenden kriminellen Dimension immer noch auf die leichte Schulter genommen“.
Wegen der Cum-fake-Geschäfte ist die US-Börsenaufsicht SEC bereits tätig geworden. Zwei Töchter der Deutschen Bank haben im Juli in den USA in einem Vergleich 75 Millionen Dollar (66 Millionen Euro) gezahlt. Die Citibank überwies in der Angelegenheit fast 40 Millionen Dollar an die amerikanischen Behörden.