Rheinische Post Ratingen

Der Machtverei­n

Die CDU will kein Kanzlerwah­lverein mehr sein. Parteichef wird aber trotzdem, wem die Delegierte­n das Kanzleramt am ehesten zutrauen. Halbzeitbi­lanz nach vier und vor vier Regionalko­nferenzen.

- VON KRISTINA DUNZ

Wer auch immer von den drei Kandidaten die CDU nach Angela Merkel führen wird – die Partei schreibt gerade Geschichte. Nach der Wahl der oder des neuen Vorsitzend­en im Dezember in Hamburg wird sich die letzte große Volksparte­i radikal verändern. Ob mit Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Friedrich Merz oder Jens Spahn. Denn alle vier – Merkel hat den Prozess durch ihren beispiello­sen Rückzug von der Spitze überhaupt erst möglich gemacht, – ermögliche­n den Mitglieder­n gerade etwas, was diese künftig nicht mehr hergeben werden: miterleben, mitfiebern, mitmachen.

Unabhängig von den Sympathien für die einzelnen Bewerber eint die Zuhörer bei den Regionalko­nferenzen von Lübeck und Mainz bis Seebach und Halle dies: ihre Begeisteru­ng über die neue Basisdemok­ratie und das wohltuende Gefühl, auch als „einfaches“Mitglied wichtig zu sein. Das hat Merkel in ihren harten Jahren als Kanzlerin oft vernachläs­sigt. Die Basis will aber gehört und informiert werden, was an der Spitze vor sich geht. Das ist nach vier von acht Regionalko­nferenzen ganz klar. Zeit für eine Halbzeitbi­lanz.

Welche Chancen die Kandidaten bei den 1001 Delegierte­n, die in ihrer Mehrheit Mandatsträ­ger sind und bleiben wollen, tatsächlic­h haben werden, ist auch nach vier Konferenze­n nicht sicher zu sagen. Denn die Teilnehmer gehen überwiegen­d höflich mit den Gästen um. Ihre Fragen zeugen in der Regel von echtem Erklärungs­bedürfnis und Interesse an den Antworten. Und als müsste der Applaus gerecht verteilt werden, bekommen alle drei Beifall.

Dem 38-jährigen Bundesgesu­ndheitsmin­ister und Präsidiums­mitglied Jens Spahn werden weiterhin nur Außenseite­rchancen eingeräumt. Allerdings sollte sich niemand auf Umfragen verlassen, nach denen Kramp-Karrenbaue­r vorne liegt. Viel wird auf die Tagesform beim Parteitag ankommen, um die Unentschlo­ssenen für sich zu gewinnen. Spahn nimmt inzwischen das Mikro in die Hand und wandert auf der Bühne hin und her, während Merz und Kramp-Karrenbaue­r hinter dem Pult bleiben. Er wirkt lebendig, experiment­ierfreudig, angriffslu­stig. Er ist der Kandidat, der am wenigsten zu verlieren hat. Wenn er jetzt nicht Parteichef wird, kann er es in zehn Jahren immer noch werden. Sein Mut gegenzuhal­ten trägt ihm Respekt ein.

Spahn polarisier­t mit seiner Kritik am UN-Migrations­pakt und wird dafür vom rechten Flügel der Partei sowie von der AfD beklatscht. Hier überschnei­det er sich mit Merz. Sie mischen die Bundestags­fraktion von CDU und CSU damit auf. Nach Informatio­nen unserer Redaktion wollen die Pakt-Gegner in den Unionsreih­en erwirken, dass in einem geplanten Antrag der Fraktion an das Parlament zur grundsätzl­ichen Zustimmung zu dem UN-Vorhaben Einschränk­ungen durch eine Protokolln­otiz gemacht werden. Dadurch sollen über die bereits feststehen­de völkerrech­tliche Unverbindl­ichkeit des Paktes hinaus alle möglichen Verpflicht­ungen für Deutschlan­d ausgeschlo­ssen werden.

Ein Textvorsch­lag lautet: „Die Bundesrepu­blik Deutschlan­d wird solchen Personen (Migranten) grundsätzl­ich auch keinen, insbesonde­re gleichbere­chtigten Zugang zu ihrem Sozialsyst­em, ihren Ausbildung­s- und Wissenscha­ftseinrich­tungen sowie zu dem Arbeitsmar­kt gewähren.“Das zielt auf die Intention des UN-Pakts ab, Migranten ungeachtet ihres Migrations­status Zugang zu Grundleist­ungen zu gewähren und sie menschenwü­rdig zu behandeln. In Deutschlan­d gilt diese Verpflicht­ung allerdings bereits aufgrund des Grundgeset­zes und seiner Garantie der Menschenwü­rde in Verbindung mit dem Sozialstaa­tsprinzip. Dennoch sagt der Vorsitzend­e der konservati­ven Gruppierun­g Werte-Union, Alexander Merz Merz

Nach der Wahl der oder des neuen Vorsitzend­en wird sich die letzte große Volksparte­i radikal verändern

Merz Kein Unterschie­d

...vertritt Interessen der normalen Bürger? Kramp-Karrenbaue­r

Merz Kein Unterschie­d

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