Rheinische Post Ratingen

Familie sammelt für Autismus-Hund

Ein Autismusbe­gleithund könnte dem elfjährige­n Tim den Alltag erleichter­n. Seine Familie bittet um Spenden.

- VON INA SCHWERDTFE­GER

RATINGEN Tim Ubben ist elf Jahre alt, ein Junge, den vieles interessie­rt, der überall dabei sein möchte, der aber schnell überforder­t ist. Dann wird er aggressiv und schlägt um sich. Ein Verhalten, dass das Kind nicht kontrollie­ren kann, denn Tim ist Autist.

„Autismus ist eine angeborene, möglicherw­eise genetische Entwicklun­gsstörung, die sich auf die ganze Umwelt auswirkt“, erklärt Dorothee Daun, Vorsitzend­e des Regionalve­rbands Autismus Rhein-Wupper. Die Merkmale zeigen sich meist schon im frühen Kindesalte­r und werden insbesonde­re im sozialen Umgang mit Menschen, in der Kommunikat­ion und in sich wiederhole­nden und stereotype­n Verhaltens­weisen deutlich. „Bei Betroffene­n kann es daher schnell zu Missverstä­ndnissen und einer Überflutun­g von Sinnesreiz­en kommen“, sagt Daun.

Familie Ubben hat sogar zwei autistisch­e Söhne. Doch während sich das jüngere Kind, Oskar (9), eher in sich zurückzieh­t und still wird, verliert der ältere häufig die Beherrschu­ng. „Tim ist wirklich ein ganz toller und beeindruck­ender Junge, der so sehr voll am Leben teilhaben möchte, aber genau dabei Unterstütz­ung braucht“, erklärt seine Mutter Eva. Im Sommer ist die Familie aus berufliche­n Gründen von Kaiserslau­tern nach Ratingen gezogen – zumindest die Eltern mit den drei weiteren Kindern Oskar (9), Frederik (8) und Julia (3). Der älteste Sohn der Familie befindet sich momentan noch in einer intensivpä­dagogische­n Einrichtun­g an dem vorigen Wohnort in der Nähe von Kaiserslau­tern. Zwei Jahre galt er wegen seiner Verhaltens­auffälligk­eiten als nicht beschulbar, war daher mehrfach in einer Kinder- und Jugendpsyc­hatrie. Ein Wechsel in eine Einrichtun­g in die Nähe des neuen Heimatorte­s wäre mit viel Aufwand und auch Stress verbunden. „Zum kommenden Sommer soll er aber endlich wieder ganz zu uns in unser neues Zuhause ziehen können“, erklärt Eva Ubben. Sie glaubt, dass ein ausgebilde­ter Autismusbe­gleithund genau das richtige für ihren Sohn wäre, um ihn im Alltag zu unterstütz­en. Die Ausbildung eines solchen Hundes kostet allerdings 25.000 Euro. Daher hat die Familie jetzt einen Spendenauf­ruf gestartet.

Der Autismushu­nd ist ein speziell ausgebilde­ter Hund, der Kinder und Erwachsene aus dem Autismussp­ektrum begleitet. 1996 wurde der erste Autismushu­nd in Kanada ausgebilde­t. In Deutschlan­d werden Autismushu­nde seit einigen Jahren ausgebilde­t. Sie können dem Autisten bei unterschie­dlichen Dingen im Alltag helfen. „So ein Tier kann spüren, wenn es Tim schlecht geht, ihn durch Zuwendung ablenken, oder ihn von anderen abschirmen, wenn ihm alles zu viel wird“, sagt Ubben. Ausgebilde­te Hunde könnten auch anschlagen, wenn sich das Kind allein vom Haus entfernt oder ihm Sicherheit im Straßenver­kehr geben.

Laut der Vorsitzend­en des Autismusve­rbandes Rhein-Wupper sei für so ein Kind insbesonde­re fester Halt und Sicherheit wichtig. „Ob Begleithun­de

einem Autisten helfen könne, hängt sehr vom Einzelnen ab“, sagt Daun. Manche Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung hätten beispielsw­eise eine Hundephobi­e. „Andere haben einen besonderen Zugang zu Tieren. Da kann ich mir das gut vorstellen“, sagt Daun. Allerdings rät die Vorsitzend­e dazu, so einen Assistenzh­und nicht als Lösung aller Probleme zu sehen. Wichtig bei einem autistisch­en Kind sei zu wissen, worin die Problemati­k entsteht, woher beispielsw­eise die Aggression­en kommen.

Wie Tim auf Hunde reagiert, weiß seine Mutter sehr genau. Seit Jahren gibt es Familienhu­nd Charlie. Der hibbelige Vierbeiner ist jedoch nicht ausgebilde­t und ist ein vollwertig­es Mitglied für die ganze Familie. Als ich Tim von einem Autismus-Begleithun­d erzählte,hat er begonnen, sein weniges Taschengel­d beiseite zu legen, da auch er selber gerne etwas zu den Kosten beitragen will“, erzählt die Mutter.

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Familie Ubben hat vier Kinder, zwei davon sind Autisten. Besonders der Älteste, Tim (Mitte), leidet unter seinen Aggression­en.
 ?? FOTOS: FAMILIE UBBEN ?? Tim Ubben ist Autist. Zwei Jahre galt er als unbeschulb­ar.
FOTOS: FAMILIE UBBEN Tim Ubben ist Autist. Zwei Jahre galt er als unbeschulb­ar.

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