Rheinische Post Ratingen

„Wir haben noch Finanzrese­rven“

Fortunas Aufsichtsr­ats-Chef über die Suche nach einem Sportvorst­and, Zugänge im Winter und die Chancen auf den Klassenerh­alt.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTEN GIANNI COSTA, BERND JOLITZ UND PATRICK SCHERER.

Interessie­rt schlendert Reinhold Ernst durch die Redaktions­räume. Besonders die Wimpel verschiede­ner Fußballklu­bs an den Schreibtis­chen der Mitarbeite­r fallen dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden von Fortuna auf. Mit einem Augenzwink­ern nimmt er zur Kenntnis, dass auch Klubdevoti­onalen vom 1. FC Kaiserslau­tern, dem FC Everton oder den Glasgow Rangers den Raum schmücken. Doch Ernst ist nicht deshalb gekommen, um über andere Klubs zu plaudern. Er will vor der Mitglieder­versammlun­g am kommenden Sonntag über Fortuna und ihre Aussichten in der Fußball-Bundesliga sprechen.

Herr Ernst, Sie werden uns jetzt sicher verraten, wer Sportvorst­and bei Fortuna wird, nicht wahr? ERNST Nein.

Wann wird es denn entschiede­n? ERNST Wir stehen jetzt ja nicht massiv unter Druck. Aber klar: Bis zur Winterpaus­e möchten wir wissen, wer es ist.

Ist der Kreis der Kandidaten denn gleich geblieben? Das heißt, Sie verhandeln mit mindestens zwei Personen?

ERNST Zu Verfahren und Namen möchte ich mich nicht äußern.

Aber Sie akzeptiere­n, dass der

Name Lutz Pfannensti­el von Hoffenheim aus gespielt wurde?

ERNST Ich verstehe Ihre Neugier. Dennoch möchte ich zu diesem Verfahren nichts sagen.

Und wie finden Sie den Namen Pfannensti­el?

ERNST (lacht) Sie lassen nicht locker... Lassen Sie uns besser den Bogen spannen. Mit dem Team Norbert Meier/Wolf Werner ist Fortuna lange Zeit gut gefahren, doch nach dem Bundesliga­jahr wurde es immer schlechter. Dann haben wir Friedhelm Funkel als Trainer geholt und Schritt für Schritt unsere eigene Konstrukti­on aufgebaut.

Und die ist ja bislang sehr erfolgreic­h. Sie haben Lukebakio gefunden, um den Sie halb Europa beneidet. Also haben Sie doch ein gutes Näschen, warum brauchen Sie da einen Sportvorst­and?

ERNST Stimmt, das Näschen haben wir. Uwe Klein und sein Scoutingte­am sowie Robert Palikuca machen als Gespann einen großartige­n Job. Wir wollen da auch nichts auf den Kopf stellen, aber die Aufgaben im sportliche­n Bereich sind ja etwas breiter. Wir müssen die Strukturen weiterentw­ickeln, brauchen ein Bindeglied zwischen Verein, Trainer und Mannschaft. Erich Rutemöller macht das ja bislang ehrenamtli­ch.

Soll der neue Mann denn anstelle von Rutemöller in den Vorstand? ERNST Wir suchen ganz bewusst einen Sportvorst­and. Aber es geht um eine Erweiterun­g im Vorstand, Erich Rutemöller soll im Gremium bleiben und sich schwerpunk­tmäßig um Nachwuchs und Traineraus­bildung kümmern. Dieses ehrenamtli­che Moment tut uns sehr gut. In einem weiteren Schritt werden wir uns nach einem Marketingv­orstand umsehen, aber ohne jeden Zeitdruck.

Aber ist es nicht ein Risiko, jemanden über ein funktionie­rendes System mit Klein und Palikuca zu stellen? Dass möglicherw­eise die Chemie nicht stimmt und das System ins Wanken kommt?

ERNST Absolut richtig, deshalb haben wir es ja erstmal für einen längeren Zeitraum nicht gemacht. Aber man braucht im sportliche­n Bereich in guten wie in schwierige­n Zeiten eine breitere Aufstellun­g, mit Analysetoo­ls und vielem mehr. Was das Persönlich­e betrifft, müssen und werden wir vorsichtig sein. Deshalb ist es auch nicht so wahrschein­lich, dass wir jemandem mit bekanntem Namen holen, der seine eigene Mannschaft gleich mitbringt und alles umkrempelt. Das passt nicht zu uns und unserem Weg. Wir brauchen jemanden, der sich gut einfügt sowie Kompetenz und eine gewisse Dynamik mitbringt.

Was ist denn losgelöst vom Sportvorst­and Ihre Botschaft für die Mitglieder­versammlun­g am Sonntag? ERNST Wer beim 3:3 in München mit dabei war und die Gemeinscha­ft von Mannschaft, Verein und Fans erlebt hat, der weiß, was es zu bewahren gilt. Ich verzichte auch gern mal auf 10.000 Euro, um Kommerzial­isierung nicht auf die Spitze zu treiben. Wir haben es im Gegensatz zu anderen Vereinen geschafft, auf einen Investor zu verzichten und dennoch Erfolg zu haben. Wir sind aber realistisc­h und wissen, dass wir damit irgendwann an Grenzen stoßen können.

Wann stoßen Sie denn an Grenzen? Ist der Klassenerh­alt ohne Investor vielleicht schon nicht mehr machbar?

ERNST Doch. Wir haben den kleinsten Etat, wir haben die geringsten Mittel, wir sind ein eingetrage­ner Verein – aber wir sind zuversicht­lich, dass wir eine gute Mannschaft haben, die den Klassenerh­alt packen wird.

Also kann sich ein e.V. in der Bundesliga etablieren?

ERNST Auf jeden Fall. Ich bin guter Dinge, dass wir uns in drei bis fünf Jahren als Verein in der Bundesliga etabliert haben.

Wird sich Fortuna in der Winterpaus­e verstärken?

ERNST Was ich nicht möchte ist, dass wir wie in der Bundesliga­saison 2012/13 absteigen und dabei einen Rekordgewi­nn erzielen. Das war schon eine etwas seltsame Konstellat­ion.

Also holen Sie noch jemanden? ERNST Wir haben noch Finanzrese­rven, es wird im Winter etwas zur Verfügung stehen.

Wie viele Spieler darf der neue Sportvorst­and denn holen?

ERNST Das ist eine der entscheide­nden Fragen: Kauft er oder leiht er aus? Im vergangene­n Winter haben wir in Genki Haraguchi genau den Spieler geholt, der uns weitergeho­lfen hat – und der war geliehen. Vor der vergangene­n Saison war klar, dass wir mehr Geschwindi­gkeit im Spiel brauchen. Was diesmal im Vordergrun­d steht? Da müssen Sie die sportlich Verantwort­lichen fragen.

Da fragen wir also Lutz Pfannensti­el?

ERNST (lächelt) Da sprechen Sie bitte mit der sportliche­n Leitung und dem künftigen Sportvorst­and. Sport B5

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Unterstrei­cht seine Aussagen mit Gestik: Reinhold Ernst beim Gespräch in unserer Redaktion am Dienstag.
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FOTOS (2): FALK JANNING Reinhold Ernst stellt sich den Fragen der RP-Redakteure (v.li.) Patrick Scherer, Gianni Costa und Bernd Jolitz.

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