Puppenspieler in Uniform
Die Verkehrspuppenbühne der Polizei bereitet sich auf Weihnachten vor. Die Beamtinnen basteln dafür nicht nur die Puppen selbst.
Das Böse hat noch keinen Namen. Auch die Ampel mit der Polizeimütze ist noch unbenannt. Aber bis zur Premiere am Nikolaustag werden die Hauptdarsteller der Verkehrspuppenbühne schon irgendwie heißen. Erst einmal hat ihr Outfit Vorrang, und dafür verbringen Polizeioberkommissarin Sonja Martin und Polizeioberkommissarin Janett Louis gerade eine Menge Zeit im Keller der Polizeidienststelle an der Karl-Rudolf-Straße und basteln.
Ja, das ist Arbeitszeit. Und die beiden Polizistinnen müssen sich dafür von ihren Kollegen bisweilen ziemlich derbe Sprüche anhören. Dass sie „Verkehrskasper“sind, ist da noch der harmloseste. Dabei ist der Erfolg der Verkehrspuppenbühne, mit der die Düsseldorfer Polizei seit knapp 30 Jahren Vorschulkindern die wichtigsten Regeln im Straßenverkehr beibringt, messbarer als der von vielen anderen Arbeitsbereichen der Polizei: Die Zahl der bei Unfällen schwer verletzten Kinder ist in dieser Zeit deutlich gesunken. Die Bühne war einst fest in Männerhand. Als Janett Louis, die 20 Jahre lang unter anderem in der Altstadtwache Dienst getan hat, sich zum ersten Mal vorsichtig erkundigte, wie man denn zur Puppenbühne käme, da haben ihr die Gründer des Programms sogar noch gesagt: „Das ist doch nix für eine Frau.“Seit die Stammspieler Udo Hodenius, Jürgen Lemm und Wolfgang Närdemann, die Generationen von Düsseldorfern Zaubersprüche wie „Am Bordstein ist Halt, damit es nicht knallt“ beigebracht haben, vor knapp zwei Jahren in Pension gegangen sind, beweisen Janett Louis, Sonja Martin und seit vorigem Jahr auch Norma Fleiß, dass auch die Frauen ein Händchen haben für die Düsseldorfer Verkehrsanfänger.
In der Requisitenkammer an der Karl-Rudolf-Straße sind noch etliche alte Puppen, die die Kollegen selbst gebastelt haben. Manche sind kaum noch zu gebrauchen, weil der Schaumstoff bröselt. Andere werden für die neuen Stücke aufgehübscht, die die Puppenspielerinnen wie ihre Vorgänger selbst schreiben.
Im Januar geht das neue Verkehrserziehungsstück auf die Bühne. Bis März sollten es dann möglichst viele Vorschulkinder gesehen haben (voriges Jahr waren 3200). Danach widmen sich die Polizistinnen wieder den üblichen Aufgaben im Bereich Verkehrsunfallprävention – und nebenbei dem neuen Programm. Denn die Entwicklung eines neuen Theaterstücks lässt sich nicht so einfach in einen Dienstplan pressen. „Wir telefonieren oft stundenlang und tauschen Ideen aus“, sagt Sonja Martin und erinnert sich lebhaft an ein Gespräch, bei dem Janett LouisimBaumarktstand.„Dahatte ich gerade etwas entdeckt, was sich für ein Bühnenbild eignete – dann brauchten wir nur noch die Idee für das Stück dazu.“– Meist läuft es nämlich so herum: Erst sind die Ideen für die Requisite da, dann folgt das Stück. Das Grundgerüst entwickeln die Polizistinnen gemeinsam, das Schreiben übernimmt Janett Louis, und Sonja Martin ist zuständig für die Musik.
Das Nikolausstück wird vor allem für die Kinder der Düsseldorfer Polizisten gespielt, eine Wiederholung für den Nachwuchs der Mitarbeiter
im Innenministerium ist auch schon Tradition. Diesmal wird „irgendetwas verschwinden“, verraten die Puppenspielerinnen, und „erst mit Hilfe der Kinder wieder herbeigezaubert“. Helfen können die kleinen Zuschauer, indem sie Fragen zum Straßenverkehr richtig beantworten. Das fällt den meisten gar nicht schwer, die Düsseldorfer „Ampelindianer“kennen sich im Regelwerk gut aus. „Vielleicht sollten wir auch mal ein Stück für Erwachsene machen“, sagt Janett Louis. Denn dass nicht selten die Eltern diejenigen sind, die sich nicht an Regeln halten, erfahren die Polizisten jeden Tag. Manchmal hilft aber auch dagegen die Puppenbühne, wenn bei der Aufführung das gebannte Publikum aus dem Nähkästchen plaudert und beispielsweise erzählt, dass die Mama neulich geblitzt worden ist. Das hat dann auch auf die Mütter einen erzieherischen Effekt.