Rheinische Post Ratingen

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Nach Linken und SPD wollen auch Grüne Hartz überwinden. Alte Fehlanreiz­e kann sich das Land in Zeiten des Fachkräfte­mangels nicht leisten.

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Im Jahr 15 nach Einführung der Hartz-Reform hat Deutschlan­d noch immer keinen Frieden mit ihr gemacht. Für die Linksparte­i ist „Hartz IV muss weg“identitäts­stiftend, für die SPD „eine Wunde“(Malu Dreyer). Parteichef­in Andrea Nahles will Hartz IV nun überwinden und ein Bürgergeld einführen, das weg komme vom Menschenbi­ld des faulen Arbeitslos­en. Und nun springen auch die Grünen auf. Parteichef Robert Habeck fordert, das Garantieve­rsprechen des Sozialstaa­tes zu erneuern. Ein erstes rot-rot-grünes Gemeinscha­ftsprojekt also.

Ökonomisch wäre die Reform ein schwerer Fehler. Habeck verspricht zwar nicht den Himmel, den auf Erden einzuricht­en nach Karl Popper ja schon manche Hölle erzeugt hat. Habeck will an der Bedürftigk­eitsprüfun­g festhalten. Doch er legt die Latte so niedrig, dass deutlich mehr als die bisher vier Millionen Erwerbsfäh­igen die Fürsorgele­istung bekommen. So soll das Schonvermö­gen, das Arbeitslos­e nicht anrühren müssen, auf 100.000 Euro (plus Hauseigent­um) angehoben werden, es soll kein Zwang zur Arbeitsauf­nah- me bestehen, und essollen keine Sanktionen verhängt werden.

Damit würde Habeck Schröders Reform im Kern treffen. Der zentrale Fortschrit­t von Hartz IV war es, auf „Fördern und Fordern“zu setzten und den Anreiz für Nicht-Arbeit zu beseitigen. Der bestand im alten System der Arbeitslos­enhilfe darin, dass man Anspruch auf 53 Prozent vom letzten Nettogehal­t hatte – und zwar ein Leben lang. Das hat Konzerne dazu verführt, Mitarbeite­r mit 51 Jahren in den Vorruhesta­nd zu schicken. Diesen Missbrauch sollten wir nicht erneut möglich machen. Mal abgesehen von der Frage, wie die Anti-Hartz-Reform finanziert wird: Solche Fehlanreiz­e kann sich Deutschlan­d in Zeiten des Fachkräfte­mangels nicht leisten.

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