Stadt will Familien wieder mehr ins Schwimmbad bringen
Grundschüler können immer schlechter oder gar nicht schwimmen. Deshalb will die Stadt mit Gutscheinen fürs Babyschwimmen Eltern für das Thema sensibilisieren.
Jedes fünfte Kind kann am Ende der vierten Klasse nicht oder nur unzureichend schwimmen. In manchen Klassen sieht es besser aus, in anderen schlechter. Die Stadt Düsseldorf will daran etwas ändern, will diese „Kulturtechnik“, wie Stadtdirektor Burkhard Hintzsche es nennt, wieder stärker fördern. Und anfangen will man bei den Kleinsten. Der städtische Besuchsdienst, der junge Eltern und ihre Erstgeborenen in den ersten Lebensmonaten auf Wunsch betreut, hat dann einen Gutschein fürs Babyschwimmen mit dabei. 5000 stellt die Bädergesellschaft Düsseldorf dafür zur Verfügung.
Mit dem Babyschwimmen sollen die Kleinen zunächst an das Wasser gewöhnt werden – und die Eltern gewissermaßen wieder an das Thema Schwimmen. „Dabei reden viele junge Eltern über das Schwimmen“, berichtet Bianca Knop vom Elternbesuchsdienst. „Oft gleich beim ersten Treffen.“Das kann Teamleiterin Catrin Taute bestätigen. Und Mama Dorothea Jedryczka auch. Sie ist an diesem Morgen mit ihrem sechs Monate alten Sohn Maxime im 30 Grad warmen Wasser des Lernschwimmbeckens im Freizeitbad Düsselstrand an der Kettwiger Straße, begleitet von Kursleiterin Patricia Steffens. Maxime genießt das Babyschwimmen. Und er soll nun möglichst vor der Schule richtig Schwimmen lernen. – Vielfach gibt es offenbar einen Bruch zwischen dem letzten Treffen mit dem Elternbesuchsdienst und dem ersten Kontakt mit der Grundschule ein paar Jahre später. Anscheinend bleibt das Thema Schwimmenlernen in immer mehr Familien irgendwie auf der Strecke. Jedenfalls stellen viele Schulen fest, dass es mit den Schwimmfähigkeiten nicht weit her ist. Oft kann zu Beginn der 1. Klasse nicht mal die Hälfte schwimmen. Tendenz steigend. Das sagt jedenfalls die Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Henri-Dunant in Wersten, Melanie Gregrowicz. „Wir registrieren schon bei den Vorstellungsterminen, dass immer mehr angehende Grundschüler nicht schwimmen können.“Und nicht wenige Eltern verließen sich dann darauf, dass ihre Kinder es in der Schule lernen. Selbst wenn Schwimmen – wie in Wersten – ab der zweiten Klasse auf dem Stundenplan steht, sei das für die Schule eine Herausforderung, sagt Gregrowicz. Der Bustransport müsse organisiert werden, für den Schwimmunterricht brauche es zwei Lehrer, natürlich Sportfachkräfte. Doch die Personaldecken in den Grundschulen seien bekanntermaßen dünn.
Doch woran liegt es letztlich, dass viele Kinder so spät oder gar nicht schwimmen lernen? Die Antwort ist stets die gleiche, bei Hintzsche und Roland Kettler, Geschäftsführer der Bädergesellschaft, ebenso wie bei den Lehrern: an den Eltern. „Dass Kinder nicht ins Wasser wollen, dass sie nicht schwimmen lernen wollen, das sehen wir eigentlich nicht“, sagt Kettler. Das Interesse sei anscheinend bei vielen Eltern oft schlicht nicht vorhanden.
Nicole Groß, Klassenlehrerin der 4a an der Henri-Dunant-Schule, hat die Erfahrung gemacht, dass Schwimmen in vielen Familien grundsätzlich nicht mehr hoch im Kurs steht. „Wenn ich frage, ,Was habt ihr am Wochenende gemacht‘, kommt als Antwort selten, ,Wir waren schwimmen.‘“Ihre Schüler können mittlerweile aber alle schwimmen. Wie viele andere Lehrer haben Nicole Groß und Schulleiterin Gregrowicz den Eindruck, dass die motorischen Fähigkeiten, also die allgemeine Sportlichkeit, der Kinder abnimmt. Kann es daran liegen? „Nur im Einzelfall“, meint Hintzsche mit Verweis auf den sportmotorischen Test-Check, der in der zweiten Klasse in allen Düsseldorfer Grundschulen auf dem Plan steht. Sit-ups sind darin gefordert, ebenso Sprints und Rumpftiefbeugen, Standweitsprung und anderes. Das Ergebnis: Die Leistungsfähigkeit ist im Schnitt nicht geringer geworden, und der Anteil stark übergewichtiger Kinder sei seit 2008 eher rückläufig. „Ich weiß, die landläufige Meinung ist eine andere, aber das sind nun mal unsere Daten und Zahlen.“
Nicht wenige Eltern klagen allerdings auch darüber, dass es schwierig sei, den Platz für einen Schwimmkursus zu bekommen. Da machen sich schon mal Väter und Mütter am Samstagmorgen in aller Früh um kurz nach sieben auf zum Bilker Bad in den dortigen Arcaden, um dann festzustellen, dass dort schon 20 andere Elternteile in der Schlange stehen. Unwahrscheinlich, dass man dann noch einen der angebotenen zwölf Plätze ergattert. Dass es zu wenige Angebote gibt, sieht Bäderchef Kettler indes nicht. Allerdings müsse man sich schon frühzeitig darum kümmern.
Klar ist: Wenn der Nachwuchs einen Schwimmkursus macht, dann verlangt das schon etwas Disziplin – nicht nur von den Kindern. Schließlich ist in der Regel nicht nur ein Kursus nötig, bis alles sitzt, meistens muss noch ein zweiter gebucht werden. Da kommen schnell ein paar Dutzend Termine zusammen. Das kann die Wochen- oder Wochenend-Planung schon mal durcheinanderbringen. Aber schließlich ist Schwimmen zu können auch eine Art Lebensversicherung.