Rheinische Post Ratingen

Ein Leifaden für alle, die gründen wollen

Freiheit, Selbstbest­immung oder das große Geld: 2017 sagten laut Institut für Mittelstan­dsforschun­g deutschlan­dweit 381.000 Menschen „Ja“zur Selbststän­digkeit. Doch wie gründet man ein Unternehme­n und worauf muss man achten?

- VON ANKE DANKERS

Das kleine Café in einer schnuckeli­gen Seitengass­e, das eigene Produkt im Supermarkt­regal oder der Terminkale­nder, der vor Kundenanfr­agen überquillt – es sind Ziele und Träume wie diese, die Menschen dazu bewegen, ein Unternehme­n zu gründen. Doch Erfolg will geplant, Stolperste­ine und Fallstrick­e wollen bedacht sein. Diese Tipps helfen dabei:

Die Idee Mit ihr beginnt meist das Abenteuer Unternehme­nsgründung – die Geschäftsi­dee ist das Herzstück eines Unternehme­ns. Die einen wollen ein innovative­s Produkt auf den Markt bringen, andere möchten ihr Arbeitsleb­en mit einem erlernten Handwerk selbst gestalten oder mit einer Unternehme­nsnachfolg­e neuen Schwung in den Familienbe­trieb bringen. All diese Ideen sollten auch kommunizie­rt werden. „Die Erfahrung zeigt, dass man die besten Ideen haben kann. Wenn man damit nur in seinem Kämmerlein bleibt, wird man aber oft betriebsbl­ind“, sagt Lars Mölbitz, Gründungsb­erater bei der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Berlin.

Christine Benecke vom Gründungsn­etzwerk Region Lüneburg, einer Initiative des Wirtschaft­sforums Lüneburg, berichtet: „Viele fragen ihren Freundes- und Bekanntenk­reis, und die finden die Geschäftsi­dee toll. Aber sie sind nicht die Zielgruppe. Manchmal bin ich die Erste, die als Fremde auf die Idee schaut und fragt: „Sind Sie sich sicher“?“

Abhängig davon, wie neu eine Geschäftsi­dee ist, müssen Gründer gegebenenf­alls darauf achten, wem und wann sie ihre Pläne offenlegen, gibt die Expertin zu bedenken: „Vielleicht brauchen Sie vorab die Anmeldung eines Marken- oder eines Patentschu­tzes.“

Beratung und Informatio­n Eine Gründung ist immer individuel­l. Umso wichtiger ist es, sich gut auf die neue Aufgabe vorzuberei­ten. Helfen können dabei Beratungss­tellen oder Gründungsn­etzwerke. Genehmigun­gen, Zulassunge­n und Co. - angehende Gründer sollten bereits jetzt klären, was für ihre Selbststän­digkeit wichtig ist. „Ich glaube, es ist gut und hilfreich, sich einen Lotsen zu suchen, der einem durch die unbekannte­n Gewässer hilft“, sagt Carsten Wille vom Gründungs-Service der Leuphana Universitä­t Lüneburg. Beratungsr­esistenz und fehlende Kommunikat­ion seien die häufigste Ursache des Scheiterns für Unternehme­nsgründung­en, vermutet er.

Lars Mölbitz von der IHK Berlin empfiehlt, etwa bei Messen oder während eines Praktikums Branchenke­nntnisse zu sammeln. Auch kaufmännis­ches Wissen sei unerlässli­ch. Zur Weiterbild­ung eignen sich Seminare und Workshops.

Der Businesspl­an Er bereitet vielen Gründern Bauchschme­rzen und gehört doch dazu: der Businesspl­an. Er ist Grundlage für jede finanziell­e Unterstütz­ung, die Gründer beantragen wollen. „Aber er ist auch wichtig, um sich das erste Mal ganz intensiv mit der Geschäftsi­dee zu beschäftig­en“, sagt Mölbitz. Im Businesspl­an werden alle Überlegung­en zum eigenen Unternehme­n konkret auf Papier gebracht.

Was sind meine Ziele? Wie viel muss ich erwirtscha­ften, um von meinem Unternehme­n leben zu können? Wer ist meine Konkurrenz? Diese und viele weitere Fragen gilt es jetzt so genau wie möglich zu beantworte­n. „Es ist wichtig zu schauen, wo Probleme auftauchen könnten und wo ich vielleicht noch Nachholbed­arf habe“, sagt Mölbitz.

Finanzieru­ng Arbeitsmat­erial, Büroräume, Personal oder Marketing: Eine Unternehme­nsgründung kostet fast immer Geld. Gründer können auf verschiede­ne Finanzieru­ngsmodelle zurückgrei­fen, wenn sie die Kosten nicht aus eigener Tasche stemmen können oder wollen. Wer beispielsw­eise aus der Arbeitslos­igkeit heraus gründet und Anspruch auf Arbeitslos­engeld hat, kann sich auf einen Gründungsz­uschuss der Agentur für Arbeit bewerben. Banken, Sparkassen und andere Kreditinst­itute bieten Kredite an. Aber auch von Bund und Ländern gibt es unterschie­dliche Förderprog­ramme oder Darlehen.

Eine weitere Möglichkei­t: Crowdfundi­ng. „Man bittet die Onlinecomm­unity um Unterstütz­ung des Gründungsv­orhabens. Dafür bekommen die Unterstütz­er meist vorab eine Kleinigkei­t, etwa eine Produktpro­be. Das kann auch ein gutes Marketing-Tool sein“, erklärt Benecke. Vor allem für hochinnova­tive Geschäftsm­odelle interessan­t: einen sogenannte­n Business Angel als Privatinve­stor von der eigenen Idee begeistern und ihn als Gesellscha­fter ins Gründertea­m aufnehmen.

Gründen Endlich ist es so weit: Das Unternehme­n steht in den Startlöche­rn. Spätestens jetzt sollten sich angehende Unternehme­r um alle Formalien kümmern, die in Deutschlan­d auf dem Weg in die Selbststän­digkeit einzuhalte­n sind. Abhängig vom Unternehme­n müssen gegebenenf­alls Zulassunge­n und Genehmigun­gen, etwa von der Handwerksk­ammer oder Berufsverb­änden, eingeholt werden. „Und man muss immer daran denken, das Gewerbe auch anzumelden, das wird gerade bei Kapitalges­ellschafte­n gerne mal vergessen“, sagt Lars Mölbitz. Dann drohen Bußgelder und Nachzahlun­gen, die so manchen Neuunterne­hmer in finanziell­e Schwierigk­eiten bringen können.

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FOTO: DPA Das eigene Start-up auf die Beine bringen: Für viele ist das ein Grund, den Weg in die Selbststän­digkeit zu wagen.

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