Bayer-Stars gehen neue Wege
Lückenkemper verlässt Bayer Leverkusen und Klosterhalfen trainiert in den USA.
LEVERKUSEN Berlin ist für Sprinterin Gina Lückenkemper ein gutes Pflaster. In der Bundeshauptstadt bestritt sie 2015 ihren ersten Wettkampf als Profi-Sportlerin und sie feierte bei der EM im August auf der blauen Bahn des Olympiastadions mit Silber über 100 Meter den größten Erfolg ihrer noch jungen Karriere. Für den TSV Bayer Leverkusen war sie die prominenteste Verpflichtung des Jahres, doch nach zwölf Monaten endet die Zusammenarbeit. Sie wechselt zum SSC Berlin.
Grund sind unüberbrückbare Differenzen bei der Wahl des Ausrüsters. Seit rund 50 Jahren ist Adidas für das Equipment der Leverkusener Athleten zuständig. Diese Kooperation endet indes im neuen Jahr. Der TSV wird dann wohl zu Nike wechseln, während Lückenkemper unbedingt bei ihrem langjährigen Partner Adidas bleiben will. „Diese Entscheidung war nicht einfach, da ich mich in Leverkusen sehr wohl gefühlt habe“, sagt die 22-Jährige. „Wir haben nach einer Lösung gesucht, sind aber leider nicht auf einen Nenner gekommen. Der Verein hat mich auf meinem Weg in die Weltspitze genau so unterstützt, wie ich es mir gewünscht hatte.“Sie vertraue jedoch den Artikeln ihres langjährigen Ausrüsters. „Die Füße eines Leistungssportlers sind sehr sensibel – und meine sind nicht gerade einfach. Da geht meine Gesundheit und mein körperliches Wohlbefinden vor.“
Die Studentin der Wirtschaftspsychologie ist die erste deutsche Sprinterin seit 1991, die über 100 Meter unter der prestigeträchtigen Elf-Sekunden-Marke geblieben ist. Der TSV Bayer verliert eine in der Öffentlichkeit beliebte Athletin mit Strahlkraft. Der Verein warb mit Lückenkemper und hatte dank ihr eine noch höhere mediale Präsenz. „Das ist ein Verlust, keine Frage – gerade nach dem Jahr und mit ihrer Perspektive“, sagt Jörn Elberding, Geschäftsführer der Leichtathletikabteilung des TSV Bayer. „Wir hätten sie unheimlich gerne behalten.“
Die Sprinterin hat in Leverkusen einige Ausrufezeichen gesetzt. Sie steigerte die Vereinsrekorde deutlich. So werden ihre 10,98 Sekunden über 100 Meter, 7,11 Sekunden über 60 Meter in der Halle und 43,55 Sekunden mit der 4x100-Meter-Staffel wahrscheinlich noch lange oben in der internen Bestenliste stehen. „Man muss das nüchtern, sachlich und professionell betrachten. Wir können die Athletin verstehen“, betont Elberding. „So ein Schuh ist für sie etwas ganz Besonderes. Das war und ist ihr Grund.“Ansonsten habe es zwischen Lückenkemper und dem TSV gut gepasst. Man trenne sich nicht im Streit. „Alles wurde von beiden Seiten immer offen kommuniziert.“
Das gilt auch für Konstanze Klosterhalfens vorläufigen Abschied. Die Mittelstreckenläuferin des TSV gilt als eines der größten Talente Europas. Die 21-Jährige hat bereits eine imposante Rekord- und Titelsammlung vorzuweisen – unter anderem Gold bei der U23 EM über 1500 Meter und mehrere Deutsche Meisterschaften. Die Athletin verlegt ihren Lebensmittelpunkt vorerst in die USA. Das ermöglicht ihr Ausrüster Nike. In Portland im US-Bundesstaat Oregon bereitet sie sich auf das kommende Jahr vor. Sie nutzt am Firmensitz die Möglichkeiten, die das Unternehmen ausschließlich Weltklasse-Athleten bietet. Zur Freiluftsaison wird sie aber zum TSV zurückkehren. „Für sie ist es eine Riesenchance. Wir sind sozusagen der Hafen für sie. Sie wird in der europäischen Leichtathletik-Saison ihre sportliche Heimat bei uns haben“, sagt Elberding.
Teil von Nikes „Oregon-Project“, das wegen seiner Trainingsmethoden nicht unumstritten ist, wird sie aber nicht.