Tanzhaus NRW: Hommage an Ornella Balestra
Nebenan im Capitol läuft eine „Tribute Show“für die Beatles. Im Tanzhaus NRW hingegen bevorzugt man das französische Wort „Hommage“. Die Geehrte ist Tänzerin Ornella Balestra. Für sie hat der Choreograph Raimund Hoghe eine anrührende, 90-minütige Szenenfolge kreiert. Mit opulenter Musik bei Hoghe-typischem Minimalismus auf der Bühne. „Canzone per Ornella“heißt der Abend, dessen deutschsprachige Erstaufführung einen Nachklang des Theaterfestivals von Avignon nach Düsseldorf bringt. Dort feierte Hoghes Kammerspiel über Liebe, Hoffnung, Tod und Lebensfreude im Sommer einen Riesenerfolg. „Ein atemberaubendes Meisterwerk, bei dem die Beschreibung mit Worten lächerlich erscheint“, schrieb eine französische Rezensentin.
Auf der großen Bühne des Tanzhauses erscheint zunächst der Choreograph selbst. Mit einem Gefäß voller Wasser in den Händen schreitet Raimund Hoghe die Fläche ab. Untermalt von Carl Orffs „Carmina Burana“wirkt der Auftritt wie eine sakrale Handlung. Dann erklingt der Bolero „Mi segundo amor“von Chavela Vargas, und Ornella Balestra betritt den Raum. In Turin geboren, studierte sie später an der Mailänder Scala klassischen Tanz. In der Compagnie von Maurice Bejart wurde sie dann zur Solistin und Prima Ballerina.
Ornella trägt ein elegantes schwarzes Kleid. Ihre Ballettschuhe sind nach Ablauf der aktiven Zeit durch Pumps ersetzt. Zu dem Titel „Wind“ergreift auch sie Besitz von der großen Bühne. Dann entfalten ihre Arme Erinnerungen an klassische Tanzstücke wie „Schwanensee“. Man erlebt einen ganzen Kosmos des Armballetts. So ist der Abend von Hoghe gedacht: Eine Reflexion über die vergehende Zeit. „Il tempo tutto se ne va“, heißt es dazu passend von Dalida.
Unter den zahlreichen Musiktiteln, darunter Judy Garland, Marlene Dietrich und Charles Aznavour, finden sich auch Textstellen von Pier Paolo Pasolini. Die Gedichte klingen schön, aber man hätte sich eine Übersetzung aus dem Italienischen gewünscht. Doch eine elektronische Übertitelung wäre dem Bühnenpuristen Raimund Hoghe vermutlich ein Grauen. Immer wieder tritt er hin zu Ornella, zeigt ihr in kleinen Gesten seine Verehrung. Bereits 2009 hatte sein Partner Luca Giacomo Schulte mit „Rosenzeit“eine ähnliche Würdigung für Ornella choreographiert. Schulte erscheint jetzt wieder auf der Szene, einmal sogar für einen längeren Tanz mit Ornella. Raimund Hoghe begnügt sich mit dem Einsammeln seiner Requisiten. Alles ganz wunderbar.