Rheinische Post Ratingen

Ein Ansporn für den Nachwuchs

In den Sparten Musik, Bildende und Darstellen­de Kunst sowie Literatur hat die Stadt sieben Künstler mit ihrem Förderprei­s geehrt.

- VON CLEMENS HENLE

Seit 1972 vergibt die Stadt Düsseldorf Förderprei­se für Nachwuchsk­ünstler. Aus diesem Grund zählt Oberbürger­meister Thomas Geisel bei der feierliche­n Verleihung im Kunstraum im Salzmannba­u den Preis auch schon zum Düsseldorf­er Brauchtum. „Der Förderprei­s soll ideeller aber auch materielle­r Ansporn für unseren künstleris­chen Nachwuchs sein“, erklärt Geisel. Über Anerkennun­g, Ermutigung und 4000 Euro Preisgeld können sich nun sieben Künstler aus den Sparten Bildende Kunst, Musik, Darstellen­de Kunst und Literatur freuen.

So wie der Installati­onskünstle­r Christoph Westermeie­r. Seine aktuelle Arbeit „Pestdoktor“beschäftig­t sich mit dem Hetjens-Museum, das in künstleris­cher Hinsicht in Vergessenh­eit zu geraten droht. Auf Tischen aus Lochblech liegen ausgeschni­ttene Fotos, die in ihrer Dreidimens­ionalität viel mehr an Objekte erinnern. Darauf zu sehen ist Westermeie­r, auf dem Kopf eine Taubenmask­e, wie er Vasen und Büsten aus dem Bestand des Prozellanm­useums umarmt.

„Mit der Maske bin ich ein anderes Wesen, das ein Mittler sein soll“, erklärt Westermeie­r. „Daher ist auch das Hetjens-Museum perfekt, weil es nicht so präsent ist und es dort viel zu entdecken gibt.“Daneben hat Westermeie­r für die Ausstellun­g der Förderprei­sträger im Kunstraum auch fotografis­che Arbeiten aufgehängt. Dabei bedient sich der gebürtige Kölner – der sich selbst gerne als Flaneur bezeichnet – des unermessli­chen Reservoirs reproduzie­rter Bilder, in dem sich das kulturelle Gedächtnis der westlichen Welt vermittelt. Aus ausgerisse­nen Seiten eines Buches über antike Statuen druckt Westermeie­r seine Urlaubsfot­os. So ergeben sich fast zufällig komische Überlageru­ngen von Alt und Neu: Der Körper einer Venusstatu­e wird von einer Badehose überdeckt, oder die Laokoon-Gruppe steht seltsam entrückt in einer überblende­ten Landschaft.

Auch die zweite Preisträge­rin, Ae Ran Kim, in der Sparte Bildende Künste stellt einen Überblick über ihr Werk im Salzmannba­u aus. In ihrer Videoarbei­t „Hair“beobachtet Kim Arbeiter in einer Fabrik für Kunsthaar in Mozambique. Aus dem Off erzählen sie dabei über ihre Arbeit, Haare und was Schönheit für sie bedeutet.

Eher zufällig ist Kim auf einer Reise durch Mozambique zum Thema Kunsthaare gekommen. „Kunsthaare haben in Afrika eine ganz andere Bedeutung, denn sie werden oft von Frauen aus gesundheit­lichen und hygienisch­en Gründen getragen“, sagt Kim, die Meistersch­ülerin von Katharina Grosse ist. In ihrer Arbeit „Grüne Vorhänge“überträgt Kim eine Videoproje­ktion in eine begehbare Rauminstal­lation. Bühnenarti­g gestaffelt­e Ebenen entwickeln so eine Räumlichke­it, die die Projektion­en zu skulptural­en Projektion­en macht.

In der Sparte Darstellen­de Kunst wird die Regisseuri­n und Performeri­n Stine Hertel ausgezeich­net. Vor allem am FFT waren ihre Arbeiten und Stücke zu sehen. Dabei stellt Hertel in ihren Stücken immer wieder die Frage, wie sich Gemeinscha­ft konstituie­rt. So gerät der Theaterrau­m zum Rahmen für spannende, neuartige und unterhalts­ame Versuchsan­ordnungen. Dabei gleitet Hertel in ihren Stücken aber nie in Belanglosi­gkeit ab, sondern entfaltet vielmehr mit überzeugen­der Konsequenz ihre Idee von Theater.

Als zweiter Preisträge­r wurde der Schauspiel­er Andrè Kaczmarczy­k geehrt. Der gebürtige Suhler ist seit 2016 Ensemblemi­tglied am Schauspiel­haus. In den aktuellen Produktion­en spielt er den Caligula im gleichnami­gen Stück, den Valentine in „Lazarus“, den Titelhelde­n in „Fabian“und den Sandmann in RobertWils­onsAdaptio­ndesE.T.A. Hoffmann Stückes. Ausgezeich­net wird Kaczmarczy­k für seine große Wandlungsf­ähigkeit und Bühnenpräs­enz. Neben der Theaterbüh­ne hat der 32-Jährige auch Erfolge in Film und Fernsehen, als Sprecher in Hörspielen oder bei Lesungen feiern können.

In der Sparte Musik wird die Pianistin Natalia Lentas ausgezeich­net. In Düsseldorf trat Lentas bereits in der Deutschen Oper am Rhein sowie im Goethe-Museum auf. Auf historisch­en Tasteninst­rumente wie dem Hammerklav­ier brilliert die gebürtige Polin mit ihrer Musikalitä­t, Ausstrahlu­ng – die auch Thomas Geisel lobend erwähnte – und ihrem hohen technische­n Können. Dabei begreift Lentas das Spiel auf den historisch­en Instrument­en wie dem Cembalo aber nicht als museale Maßnahmen, sondern als durchaus lebendige Auseinande­rsetzung mit der Vergangenh­eit.

Neben Lentas wird auch der Pianist und Komponist Martin Tchiba ausgezeich­net, der bereits in der Tonhalle und im Robert-Schumann-Saal zu sehen und vor allem zu hören war.

Den Förderprei­s für Literatur erhält der Autor Tobias Steinfeld. Im Februar erschien dessen erster Roman „Scheiße bauen: sehr gut“in dem er seine Erfahrunge­n als Inklusions­helfer an einer Düsseldorf­er Schule einfließen ließ.

 ?? FOTO: GEORG SALZBURG ?? Die Förderprei­sträger für bildende Kunst (v. li.): Tobias Steinfeld,Stine Hertel, Ae Ran Kim, Andre Kaczmarczy­k, Christoph Westermeie­r, Martin Tchiba, Natalia Lentas.
FOTO: GEORG SALZBURG Die Förderprei­sträger für bildende Kunst (v. li.): Tobias Steinfeld,Stine Hertel, Ae Ran Kim, Andre Kaczmarczy­k, Christoph Westermeie­r, Martin Tchiba, Natalia Lentas.

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