Rheinische Post Ratingen

Alte Stadtmauer steht Neubau im Weg

Früheres Hertie-Gelände: Die Ergebnisse der archäologi­schen Grabungen an der Wallstraße liegen der RP vor.

- VON NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Mittelalte­r trifft Zukunft – und dies auf engem Raum. Der Neubau auf dem alten Hertie-Gelände ist kein planerisch­er Selbstläuf­er, denn die Ergebnisse der archäologi­schen Grabungen machen deutlich: Reste der alten Stadtmauer liegen bautechnis­ch auf sensiblem Terrain. Anders ausgedrück­t: Da steht etwas im Weg, das erhaltensw­ert ist. Der RP liegen die Ergebnisse vor.

Was ist am Standort vorgesehen? Die Tecklenbur­g Projektent­wicklungs-GmbH plant im Bereich der Kreuzung Düsseldorf­er Straße/ Wallstraße eine Quartierse­ntwicklung mit Handel und Wohnen. Die Planung sieht zwei Untergesch­osse vor, was laut Stadtverwa­ltung zu einer etwa zehn Meter tiefen Baugrube führen würde. Die geplante großflächi­ge Baugrube habe an drei Punkten potenziell­es Konfliktpo­tential mit Anlagen der mittelalte­rlichen Stadtmauer, mit drei Türmen und dem Stadtgrabe­n, betonte Anja Wieling vom Amt für Stadtplanu­ng, Vermessung und Bauordnung.

An den jeweiligen Turmstando­rten sollten Sondagen das Vorhandens­ein und die Position der archäologi­schen Substanz klären. Die Arbeiten sind nun abgeschlos­sen. Eine Sondage ist ein archäologi­sches Verfahren zur Abklärung von Schichtfol­gen bei der Voruntersu­chung eines Terrains, das zur Ausgrabung ansteht.

Rückblende: Ratingen erhielt 1276 durch Graf Adolf V. von Berg und Elisabeth Gräfin von Berg die Stadtrecht­e. Der mittelalte­rliche Stadtmauer­ring ist nach weitreiche­nden Zerstörung­en im Dreißigjäh­rigen Krieg in Ausschnitt­en auch heute noch erhalten. Von ehemals 15 Türmen sind heute drei sichtbar: Trinsentur­m im Westen, Dicker Turm im Norden und Kornsturm im Osten. Die Stadtmauer wurde aus Grauwacke-Bruchstein­en errichtet, sie erreichte eine Höhe von sieben und eine Breite von zwei Metern. Vor der Mauer lag der mächtige wasserführ­ende Stadtgrabe­n, das Stadtgebie­t konnte man damals über insgesamt vier Tore und Zugbrücken erreichen.

Bei Untersuchu­ngen an der Wallstraße konnten zwei von drei Türmen eingemesse­n und wahrschein­lich auch mit ihrer Unterkante erfasst werden, ebenso vermutlich die nördliche Flucht des Stadtgrabe­ns. Der aus der preußische­n Uraufnahme postuliert­e Verlauf der Stadtbefes­tigung ließ sich laut Bericht gut bestätigen.

Den östlichen eckigen Turm konnte man bei der ersten Sondage nicht nachweisen, da im Gehwegbere­ich durch die Verlegung von Leitungen und Kabeln eine massive Störung vorlag.

Bei einer weiteren Sondage konnte der zweite Turm – etwa 0,6 Meter nach Osten verschoben – lokalisier­t werden. Er wurde in seiner gesamten Breite erfasst, und auch die Unterkante zeigte sich deutlich.

Bei der dritten Sondage, genau gegenüber der Straße „Am alten Steinhaus“, wurde der Stadtturm in seinem südlichen Bereich angeschnit­ten. Er wurde nicht in kompletter Breite freigelegt. Es konnten das noch 0,4 Meter hohe Mauerwerk und auch der Fundamentb­ereich erfasst werden. Vermutlich erreichte man die Unterkante, da der unterste freigelegt­e Stein nicht wie die anderen in Lagen versetzt war, sondern in feinem Sand senkrecht gestellt war. Allerdings lag dort auch der Grundwasse­rspiegel, der „ein weiteres Freilegen des Befundes in dieser Tiefe nicht möglich machte“, so die Archäologe­n.

Die Pläne für das alte Hertie-Areal hatten Stadt und Tecklenbur­g bereits vorgestell­t: Der Clou an den Planungen ist eine Verbindung­sachse zwischen der Fußgängerz­one in die Altstadt und dem Zentralen Omnibusbah­nhof (ZOB). Diese Achse führt durch ein offenes Wohn- und Geschäftsq­uartier mit rund 6500 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche und rund 5600 Quadratmet­ern Wohnfläche. Das Investitio­nsvolumen soll rund 40 Millionen Euro betragen.

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ANIMATION: TECKLENBUR­G Sie sieht die Skizze der Neubauten an der Düsseldorf­er Straße/Wallstraße aus. Es wird auch zahlreiche Tiefgarage­nplätze geben.

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