Rheinische Post Ratingen

Monokultur begünstigt das Insektenst­erben

Der Bund für Umwelt und Naturschut­z erötert die Ursachen und die Strategien. Wildwiesen bieten gute Lebensräum­e.

- VON SANDRA GRÜNWALD

METTMANN Die Stuhlreihe­n im Konferenzr­aum der Mettmanner Stadthalle waren voll besetzt, das Interesse groß. Die Kreisgrupp­e Mettmann des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) hatte zu ihrer Veranstalt­ung „Wo sind all‘ die Käfer hin? – Insektensc­hwund in Deutschlan­d“eingeladen, wobei der Fokus jedoch nicht auf dem Insektenst­erben liegen sollte, wie Götz-Reinhardt Lederer betonte: „Wir wollen heute fragen: was können wir für die Insekten tun?“

Drei Referenten gaben in kurzen Vorträgen dazu reichlich Informatio­nen und eine solide Diskussion­sgrundlage für das anschließe­nde Gespräch mit den Besuchern. Zunächst stellte Holger Pieren, Geograph der Biologisch­en Station Haus Bürgel die Arbeit der Biologisch­en Station in Düsseldorf und dem Kreis Mettmann vor. Dabei ging er auch auf die Studie von Martin Sorg ein, mit der das Insektenst­erben erst ins öffentlich­e Interesse gerückt wurde. Sorg hatte zwischen 1985 und 2017 an 200 Standorten Fallen für Fluginsekt­en aufgestell­t. Die Auswertung ist noch nicht abgeschlos­sen, aber allein anhand der Biomasse lässt sich ein erschrecke­nder Schwund feststelle­n.

Dafür gibt es viele Ursachen. Neben den Pflanzensc­hutzmittel­n ist es auch der Landschaft­sstrukturw­andel und die Monokultur-Wirtschaft, wie die Vermaisung ganzer Landstrich­e, die den Insektenrü­ckgang bedingen. Pieren zeigte einige Möglichkei­ten auf, die den Insekten nicht nur Rückzugsor­te, sondern auch Laichmögli­chkeiten bieten, wie mit Blühpflanz­en bepflanzte Ackersäume oder Dachbegrün­ung in Industrieg­ebieten. Vor allem aber plädierte er dafür, bei der Pflege der Weg- und Straßenrän­der einzelne Teile stehen zu lassen. „Mähen statt Mulchen“, betonte er.

Danach zeigte Hobbygärtn­er Hubert Gamsjäger anhand aussagekrä­ftiger Fotos, wie er aus dem zugewucher­ten Grünstreif­en des Betriebsho­fs Rheinbahn ein Blumenpara­dies geschaffen hat. „Ich habe 80 Hibiskusst­auden angepflanz­t.“Nun blühen hier auch Lavendel, Frauenmant­el, Astern und Sonnenblum­en. Im Anschluss an dieses Insektenpa­radies zeigte Claudia Roth vom Vorstand der BUND-Kreisgrupp­e, dass auch exotische Pflanzen im elterliche­n Garten die Insekten locken, wie Safrankrok­us. „Zwiebelpfl­anzen sind der Renner“, erzählte sie und gab den Rat: „Man sollte kaufen, was einem gefällt.“Neben dem heimischen Garten können in manchen Kommunen auch Patenschaf­ten für Baumscheib­en übernommen werden. Außerdem plädierte Roth für einen grünen, blühenden Vorgarten und „Mut zur Unordnung.“Während der folgenden Diskussion gab es gute Ideen, wie jene, mit diesen Anliegen in Kindergärt­en zu gehen, um „die Kinder dafür zu begeistern, nicht nur mit Kräutern, sondern auch mit Blumen zu arbeiten.“Aber es gab auch Unverständ­nis. Ein Bürger verließ kopfschütt­elnd die Veranstalt­ung, nachdem seine Überzeugun­g, alles sich selbst zu überlassen, nicht auf Zustimmung gestoßen ist. „Wenn wir hier alles sich selbst überlassen, haben wir bald nur noch Wald“, erklärte Pieren, „aber Insekten brauchen offene Landschaft­en.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Aufgrund des Insektenst­erbens wird auch der Lebensraum für Wildbienen immer knapper.

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