Die Radständer-Blamage
Analyse War es nur eine Kommunikationspanne? OB Geisel will den Bau von Radständern doch nicht mehr stoppen. Die Angelegenheit zeigt, wie sehr das Thema Verkehr in Düsseldorf polarisiert.
Der Feind der Radfahrer heißt plötzlich Thomas Geisel. „Wir fordern unseren Stadtchef auf, zu seinem Wort zu stehen, nicht den Mut zu neuen Schritten zu verlieren“, appellierte der Fahrradclub ADFC. Die Grünen zeigten sich empört – und mobilisierten bei Facebook gegen Geisel. „Die SPD muss dringend ihren Oberbürgermeister einfangen“, sagte Kreis-Chefin Mirja Cordes.
Geisel selbst will inzwischen alles nicht so gemeint haben. Sein Büroleiter Jochen Wirtz, der am Donnerstag in seinem Namen den Medien erklärt hatte, das Programm zur Aufstellung neuer Radständer sei vorerst gestoppt, legte einen Tag später den Rückwärtsgang ein. „Gestoppt“sei zu hart formuliert gewesen. Richtig sei, dass eine „Evaluation“zu den 1200 Ständern geplant ist, die seit dem Sommer erstmals auch in Parklücken aufgestellt worden sind. Man habe immer gesagt, dass Standorte bei Beschwerden geändert werden. „Es werden aber weitere Ständer aufgestellt.“Auch Martin Volkenrath (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses, sprach von einer „Kommunikationspanne“. Man stehe zur Radförderung, dazu gehörten manchmal auch Radständer auf Parkplätzen. „Die Alternative ist ein Hürdenlauf für Fußgänger.“
Das Hin und Her lässt Geisel nicht gut aussehen. Fest steht: Er sah sich zur Reaktion genötigt, nachdem Verkehrsdezernentin Cornelia Zuschke am Montag öffentlich von einer positiven Resonanz auf die neuen Radständer berichtet hatte. Am Dienstag sendete ihr Geisel eine E-Mail mit dem Hinweis, dass er überprüfen wolle, ob der Wegfall von Parkplätzen immer nötig sei. Im OB-Büro sind nicht nur freundliche Briefe eingegangen: Anwohner ärgern sich über den Wegfall von heiß begehrten Lücken, der Ständer mit Auto-Silhouette provoziert.
Der Fall zeigt erneut: Kaum etwas emotionalisiert in Düsseldorf so wie der Verkehr. Autos haben eine starke Lobby, die Debatte um die Ständer wird schon seit dem Sommer scharf geführt. Dass Geisel sich zum Handeln gezwungen sah, ist ein erster Kratzer für die 2016 angetretene Dezernentin, die bislang im Rathaus hoch gelobt wurde. Zuschke kümmert sich um das Großthema Stadtplanung und dazu – wie man hört eher unfreiwillig – auch um das nicht minder große Thema Verkehr. Zu ihrer Philosophie gehören Experimente. Die Radständer erweisen sich allerdings als Daueraufreger, auch weil sie teilweise fragwürdig viel Platz einnehmen. Und der Rückhalt des Chefs schwindet offenbar.
Darüber hinaus muss Zuschke damit arbeiten, dass auch im Ampel-Bündnis keine einheitliche Linie besteht: Die FDP zeigt sich zwar auch offen für die Radförderung, will aber keine Diskriminierung der Autofahrer – und lobte Geisels Zweifel an Radständern auf Parkplätzen. Zuschke betonte am Freitag, dass die Offensive für Radständer wichtig sei. „Die Verwaltung ist nicht ideologisch unterwegs, sondern hat die Auflage und Pflicht, Ansätze für ein umweltfreundliches Verkehrsverhalten zu finden.“
Das Amt für Verkehrsmanagement scheint Zuschkes große Prüfung zu werden – und auch Geisels. Das Thema drängt, nicht erst seit drohenden Fahrverboten. Das Amt kämpft aber mit dem Widerspruch aus großen Wünschen und geringen Möglichkeiten. Amtsleiterin Andrea Blome ist nach Köln gewechselt und hat zwei Spezialisten für Ampelschaltung mitgenommen – eine Problemstelle. Dazu kommt, dass Amt 66 lange vor allem ein Auto-Amt war. Nun soll es plötzlich viele Radwege bauen. Dazu kommen diverse weitere Großvorhaben, etwa die U81. Kollegen aus anderen Abteilungen bedauern Amt 66, die Kritik aus dem Ampel-Bündnis wird lauter.
Zuschke berichtet, sie habe bereits sieben neue Stellen geschaffen. Und der Bau von Radständern, da zeigen sich plötzlich wieder alle einig, soll weitergehen.