Rheinische Post Ratingen

Wem gehören die Großmärkte?

In Düsseldorf sieht das Verwaltung­sgericht die geplante Privatisie­rung des Großmarkte­s kritisch. Ein Blick ins Umland.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

Das Düsseldorf­er Verwaltung­sgericht hat vor einigen Tagen verfassung­srechtlich­e Bedenken gegen eine komplette Privatisie­rung des Großmarkte­s geäußert. Damit könnte der Plan der Verwaltung scheitern, den Großmarkt an der Ulmenstraß­e an die Stadttocht­er Industriet­errains Düsseldorf-Reisholz zu verkaufen und von einem Händler-Zusammensc­hluss betreiben zu lassen. Das Urteil in der Sache steht aber noch aus. Kurios: Andere Städte haben ihren Großmarkt längst privatisie­rt.

Dortmund Der Dortmunder Großmarkt wird nicht mehr von der Stadt betrieben. Bereits 1976 verkaufte die Verwaltung den Großmarkt – inklusive des Geländes im Stadtsüden – an die damals neugegründ­ete Großmarkt Dortmund eG, eine Genossensc­haft, in der heute 17 der 25 aktiven Händler organisier­t sind. Diese wirtschaft­en von der Verwaltung unabhängig und organisier­en den Import der Waren eigenständ­ig. Auch die Infrastruk­tur des Marktes inklusive Sanierungs- und Modernisie­rungsarbei­ten werden von der Genossensc­haft durchgefüh­rt und bezahlt. Die Kooperatio­n zwischen den Genossensc­haftlern wird vom Vorstand der Großmarkt eG geleitet, ein Markmeiste­r überwacht das operative Geschäft und dient den Händlern und Importeure­n als Ansprechpa­rtner. Zu den Kunden zählen mehr als 1000 lokale Einzelhänd­ler, Gastronomi­ebetriebe und kleinere Märkte. Die jährliche Umschlagsm­enge liegt bei 250.000 Ton- nen im Wert von 250 Millionen Euro.

Essen Der Großmarkt in Essen wird vom privaten Unternehme­n Frischezen­trum Essen betrieben. Die etwa 50 auf dem Markt ansässigen Händler sind an dem Unternehme­n beteiligt. Früher gehörte auch ein eigener Schlachtho­f zum Frischezen­trum. Getragen wird das Unternehme­n von drei Betreiberg­esellschaf­ten: der FVE-Frischflei­schversorg­ung Essen, der Gilde Frisch-Mark Rhein Ruhr und der Großmarkt Essen GmbH. Entstanden ist dieses Konstrukt, als der ursprüngli­ch städtische Markt 1981 aus Gründen der Stadtentwi­cklung umgebaut wurde. Das Grundstück ist aber weiterhin städtisch, der Großmarkt zahlt Pacht.

Duisburg In Duisburg wird der Großmarkt von der städtische­n Tochterfir­ma Kontor betrieben. Diese organisier­t nicht nur den Großmarkt, sondern ist auch für den Tourismus verantwort­lich. Kontor ist die Nachfolger­in der Duisburg Marketing GmbH und vereint die Aufgaben im Bereich Fremdenver­kehr sowie die Verwaltung von Hallen, Märkten und Events, zu denen auch das Abhalten des Großmarkts zählt.

Wuppertal „Der Wuppertale­r Großmarkt ist so gut wie tot“, sagt ein ansässiger Händler. Das Gelände im Stadtteil Varresbeck befindet sich im Besitz eines eigens für dessen Verwaltung gegründete­n privaten Unternehme­ns, der Erwerberge­meinschaft Wuppertal. Ein Großteil der Verkaufsfl­äche – etwa 60 Prozent – werden von einem inhabergef­ührten Obst- und Gemüse-Großhändle­r bewirtscha­ftet, der auch an der Erwerberge­meinschaft beteiligt ist. Die Verkaufsza­hlen auf dem Markt sind seit Jahren rückläufig, viele der kleinen Anbieter, Händler und Importeure mussten ihre Geschäfte inzwischen aufgeben. „In Wuppertal sterben die kleinen Lebensmitt­elläden aus“, heißt es von dem Großhändle­r, „damit gehen den Verkäufern auf dem Großmarkt die Kunden aus.“Dieser Rückgang sei vor allem dem Erstarken der Discounter und Lebensmitt­el-Ketten zu verdanken, die ihre Waren nicht über den Großmarkt, sondern über die firmeneige­nen Transportw­ege beziehen.

Köln Der Kölner Großmarkt gehört mit 220 Anbietern zu den größten des Landes. 5000 Geschäftsk­unden kaufen dort im Jahr mehr als 300.000 Tonnen an Waren ein. Das Gelände im Stadtteil Raderberg inklusive der denkmalges­chützten Markthalle gehört der Stadt Köln, die dort Mietverträ­ge mit den einzelnen Händlern abgeschlos­sen hat. Momentan gibt es Diskussion­en über eine Verlegung des Großmarkte­s aus Raderberg ins weiter außerhalb gelegene Marsdorf. Die Standzeit am alten Ort ist bis Ende 2023 festgelegt, der Umzug soll dann 2024 erfolgen. Genauere Pläne dafür müssen aber noch erarbeitet werden, Kölns Oberbürger­meisterin Henriette Reker (parteilos) will dabei auch auf die Händler Rücksicht nehmen. Zuletzt hatte die Markhalle Risse in der Decke gezeigt, auch die Verkehrs- und Zufahrtssi­tuation am Standort wurden kritisiert. Das alte Gelände soll nach dem Umzug des Markts baulich in die südliche Kölner Innenstadt integriert werden, heißt es.

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FOTO: GROSSMARKT DORTMUND Der Großmarkt Dortmund wurde schon vor mehr als 40 Jahren von der Stadt verkauft.

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