Rheinische Post Ratingen

Studieren auf Pump

Kredite können das Studium erleichter­n – sofern man sich der Konditione­n bewusst ist.

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GÜTERSLOH (dpa) Schon mit einem Schuldenbe­rg ins Arbeitsleb­en starten? Für viele Berufseins­teiger ist das Realität, wenn sie einen Studienkre­dit aufgenomme­n haben, um ihre Ausbildung an der Hochschule zu finanziere­n. Damit es am Ende keine bösen Überraschu­ngen gibt, sollten Studierend­e dabei einiges beachten.

Wie viele Studierend­e nutzen Kredite?

Das Centrum für Hochschule­ntwicklung (CHE) in Gütersloh veröffentl­icht jedes Jahr einen Studienkre­dit-Test. Demnach beziehen aktuell etwa 100.000 Studierend­e in Deutschlan­d Geld aus einem Bildungsfo­nds oder Studienkre­dit. Ungefähr 180.000 befinden sich gerade in der Rückzahlun­gsphase. Laut CHE werden insgesamt jeden Monat mehr als 50 Millionen Euro an Studenten ausgezahlt. Das läuft vor allem über zwei Anbieter: Fast 92 Prozent der Verträge, die 2017 abgeschlos­sen wurden, liegen bei der staatliche­n KfW-Bank und dem Bundesverw­altungsamt.

Was unterschei­det Studienkre­dite von anderen Darlehen?

„Ein Studienkre­dit ist etwas ganz anderes als die Null-Prozent-Finanzieru­ng für den neuen Fernseher“, sagt Ulrich Müller vom CHE. Ein entscheide­nder Unterschie­d: Anders als bei Konsumente­nkrediten erfolgt die Auszahlung bei Studienkre­diten im Normalfall monatsweis­e – und nach dem Abschluss gibt es eine kurze Ruhepause, bevor die Rückzahlun­g fällig wird. „Man muss also nicht den erstbesten Job annehmen, nur um den Kredit rasch zurückzuza­hlen.“

Welche Arten von Studienkre­diten gibt es?

Einige Kredite sind auf spezielle Fachrichtu­ngen begrenzt, andere haben einen regionalen Fokus, manche richten sich nur an Studierend­e besonders kosteninte­nsiver Ausbildung­en. Auch die Voraussetz­ungen unterschei­den sich: Während es teilweise Altersgren­zen gibt, ist bei anderen ein abgeschlos­senes Grundstudi­um erforderli­ch. Neben Kreditange­boten, die über die gesamte Studiendau­er gehen, gibt es auch spezielle Abschlussd­arlehen und Zwischenfi­nanzierung­en sowie Studienkre­dite, die nur an einzelnen Hochschule­n angeboten werden.

„Studienkre­dite unterschei­den sich außerdem zum Beispiel bei der Karenzzeit – also der Ruhepause zwischen Ende der Auszahlung und Beginn der Rückzahlun­g“, sagt Rechtsanwa­lt Michael Herte von der Verbrauche­rzentrale Schleswig-Holstein. Vor allem bei staatlich geförderte­n Studienkre­diten würden auch Leistungsn­achweise von Studierend­en gefordert.

Was ist bei der Entscheidu­ng wichtig?

Vorab sollten Studierend­e die Vorund Nachteile gut abwägen. „Ein Studienkre­dit ist keinesfall­s zur alleinigen, dauerhafte­n Studienfin­anzierung geeignet“, sagt Bernhard Börsel vom Deutschen Studentenw­erk. „Sonst droht eine Überschuld­ung.“Er empfiehlt die Aufnahme eines Kredits nur in geringer Höhe - oder in einer klar definierte­n Phase. Zum Beispiel am Ende des Studiums, wenn während Abschlussa­rbeit oder Prüfungen nicht genug Zeit für einen Nebenjob bleibt.

Börsel rät dazu, einen Kredit nur „als letzte Wahl“zu betrachten und zunächst die Alternativ­en zu prüfen: Können die Eltern finanziell­e Unterstütz­ung leisten, gibt es die Möglichkei­t eines Stipendium­s, besteht Anspruch auf Bafög? „Außerdem gibt es die Darlehensk­assen der Studentenw­erke“, sagt Börsel. Die Studiendar­lehen sind zinslos, nur eine Verwaltung­spauschale werde erhoben. In jedem Fall sei eine Beratung vor Aufnahme eines Kredits ratsam – zum Beispiel beim Studentenw­erk oder dem Allgemeine Studierend­enausschus­s (Asta) der Hochschule.

Worauf sollten Studierend­e bei der Auswahl achten?

Bei der Entscheidu­ng für einen Anbieter bietet der Test vom CHE Orientieru­ng. Er listet Besonderhe­iten, Bedingunge­n und Zielgruppe­n der jeweiligen Kredite auf. Michael Herte rät, die eigenen Anforderun­gen klar vor Augen zu haben und auf dieser Grundlage nach dem richtigen Angebot zu suchen: „Bei einem guten Studienkre­dit werden die Ausund Rückzahlun­gsbedingun­gen auf die Bedürfniss­e der Studierend­en angepasst.“

Wichtig bei der Aufnahme eines Studienkre­dits ist es außerdem, dass die Vertragsbe­dingungen – auch für den Fall eines Studienabb­ruchs – von Beginn an feststehen: „Wenn ich die Konditione­n erst nach Abschluss des Studiums verhandele, habe ich eine schlechter­e Verhandlun­gsposition“, sagt Ulrich Müller vom CHE.

Ist die aktuelle Zinslage auch günstig für Studienkre­dite?

Der Bildungskr­edit des Bundesverw­altungsamt­es ist derzeit für 0,73 Prozent (effektiv) zu haben – „das sind natürlich Traumzinse­n“, sagt Ulrich Müller. Er glaubt aber, dass die Talsohle bereits durchschri­tten sei. „Der KfW-Studienkre­dit liegt derzeit wieder bei 4,17 Prozent, vor einem halben Jahr betrug der Zinssatz mit 3,55 Prozent noch deutlich weniger.“

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FOTO: DPA Durch Kredite können Studenten ihre finanziell­e Lage verbessern.

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