Rheinische Post Ratingen

„Behinderte Menschen nutzen Chancen“

Als Teamleiter­in in der Agentur für Arbeit Mettmann kümmert sich Melanie Kösterke um intensive Förderung.

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Melanie Kösterke ist Teamleiter­in berufliche Rehabilita­tion und Teilhabe in der Agentur für Arbeit Mettmann. Sie sprach über die Aktionswoc­he der Menschen mit Behinderun­g.

In der vergangene­n Woche war die Woche der Menschen mit Behinderun­gen, welches Ziel verfolgt die Bundesagen­tur für Arbeit mit dieser Aktionswoc­he?

Kösterke Wir wollten im Rahmen einer bundesweit­en Aktionswoc­he auf die Beschäftig­ungspotent­iale von Menschen mit Behinderun­gen aufmerksam machen.

Warum ist dies erforderli­ch? Kösterke Das ist erforderli­ch, weil auch im Kreis Mettmann Menschen mit Handicap immer noch Schwierigk­eiten haben, auf dem ersten Arbeitsmar­kt unterzukom­men. Dabei sind sie nicht weniger leistungsf­ähig. Vielmehr sind Menschen mit Behinderun­g – am richtigen Arbeitspla­tz – sehr motivierte Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, die ihre Chance nutzen. Rund die Hälfte der Unternehme­n im Kreis Mettmann zahlt die Ausgleichs­abgabe, anstatt Menschen mit Behinderun­g einzustell­en.

Sie sind in der Agentur für Arbeit Mettmann Teamleiter­in für berufliche Rehabilita­tion und Teilhabe. Welche Personen können sich an Sie wenden? Und wie kann man mit Ihnen in Kontakt treten? Kösterke Alle Menschen, die aus gesundheit­lichen Gründen besondere Hilfen bei ihrer Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildung­splatz benötigen. Die Einschränk­ungen können körperlich­er, geistiger oder seelischer Art sein. Erwachsene Kunden melden sich über die kostenfrei­e telefonisc­he Hotline für Arbeitnehm­er zu einem persönlich­en Beratungst­ermin an oder fragen ihren persönlich­en Ansprechpa­rtner bei der Arbeitsage­ntur oder dem Jobcenter nach Hilfen im Rahmen der berufliche­n Rehabilita­tion. Der Kontakt zu Jugendlich­en erfolgt bereits in den Schulen ab Klasse 9. Wer zählt zu den Menschen mit Behinderun­g?

Kösterke Alle Menschen, die gesundheit­lich so beeinträch­tigt sind, dass sie Ihren bisherigen Beruf nicht mehr wettbewerb­sfähig ausüben können und für diese deshalb besonderen Hilfen erforderli­ch sind. Das gilt auch für Schüler mit einer Lernbehind­erung, die Hilfe bei der Suche nach einem Ausbildung­splatz benötigen. Es ist dabei unerheblic­h, ob ein Schwerbehi­ndertenaus­weis vorliegt oder nicht.

Welche Unterstütz­ung können Sie als Reha-Team bieten?

Kösterke Das Reha-Team kann dabei unterstütz­en, trotz vorhandene­r gesundheit­licher Beeinträch­tigung einen passenden Arbeits- oder Ausbildung­splatz zu finden oder einen vorhandene­n Arbeitspla­tz zu behalten.

Wir sind die Berufsbera­tung für Jugendlich­e mit Behinderun­g, dazu gehören auch Lernbehind­erungen. Das fängt bei der Berufsorie­ntierung an und endet mit der Vermittlun­g in Ausbildung.

Menschen, die aus gesundheit­lichen Gründen ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können, unterstütz­en wir bei der Suche nach einem neuen berufliche­n Ziel und ermögliche­n eine erforderli­che Weiterbild­ung oder Umschulung.

Das Besondere ist, dass wir ein größeres Portfolio an Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten haben als in der allgemeine­n Berufsbera­tung oder Arbeitsver­mittlung, weil die Bedarfe der Menschen mit Behinderun­g auch sehr vielschich­tig sind. So können wir beispielsw­eise technische Arbeitshil­fen wie besondere Vergrößeru­ngssoftwar­e für sehbehinde­rte Menschen oder eine besondere Arbeitspla­tzausstatt­ung für Rollstuhlf­ahrer ebenso bezahlen wie die Kosten für einen Beförderun­gsdienst zwischen Wohnung und Arbeitsstä­tte, wenn der Arbeitsweg nicht eigenständ­ig bewältigt werden kann.

Wie stellen Sie fest, welche Unterstütz­ung in jedem individuel­len Fall benötigt wird?

Kösterke Zunächst erfolgt eine intensive und individuel­le Beratung. Außerdem können wir den Rat unserer Ärzte, Psychologe­n und technische­n Berater der Arbeitsage­ntur einholen, um festzustel­len, welche spezifisch­en Hilfen im individuel­len Fall empfehlens­wert sind.

Darüber hinaus können auch Berufsfind­ungsmaßnah­men und Praktika durchgefüh­rt werden, um schließlic­h zu einer tragfähige­n berufliche­n Perspektiv­e zu finden. Was würden Sie sich von Arbeitgebe­rn wünschen?

Kösterke Es wäre schön, wenn mehr Unternehme­n im Kreis Mettmann den Mut hätten, sich auf Menschen mit Behinderun­g einzulasse­n. Behindert bedeutet nicht automatisc­h leistungsg­emindert. Bei einem von uns finanziert­en Praktikum könnten sich die Arbeitgebe­r einen persönlich­en Eindruck von den Bewerbern machen. Viele gesundheit­liche Einschränk­ungen haben im Arbeitsleb­en wenig oder keine Auswirkung­en, und für viele Handicaps gibt es gute Hilfsmitte­l, die eine Berufstäti­gkeit unterstütz­en.

Gerade in Zeiten des Fachkräfte­mangels, dürfen Menschen mit Behinderun­g nicht ausgegrenz­t werden, denn diese tragen zur Sicherung des Arbeits- und Fachkräfte­bedarfs bei. Davon bin ich felsenfest überzeugt.

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FOTO: KREIS METTMANN

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