Rheinische Post Ratingen

Studentenb­ude im Seniorenst­ift

Bezahlbare­r Wohnraum ist knapp. Besonders für junge Menschen ist das ein Problem. Helfen soll ein Modell aus den Niederland­en, für das die Christdemo­kraten nun politische Mitstreite­r suchen.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Christdemo­kraten wollen Düsseldorf für begabte junge Menschen noch attraktive­r machen und sie mit generation­enübergrei­fenden Wohnmodell­en an die Stadt binden. „Studierend­e und Auszubilde­nde in Seniorenhe­ime“lautet ein aktueller Vorschlag, der sich an Vorbildern in den Niederland­en orientiert. Die wichtigste­n Fakten im Überblick. leben, zueinander. Eine Absprache kann lauten: Der Eigentümer verzichtet auf die Zahlung der Kaltmiete, dafür leistet der Mieter zwölf Stunden im Monat Hilfe im Alltag. Der Bogen reicht von der Kinderbetr­euung über Einkäufe bis hin zur Gartenarbe­it. Alternativ können die jungen Mieter auch ehrenamtli­che Tätigkeite­n im Stadtteil erbringen. Ausgeschlo­ssen sind Pflegeleis­tungen. „Zehn solcher Paare gibt es bereits, wir hoffen, dass es mehr werden“, sagt Thomas Nowatius, Leiter des Wohnungsam­ts. Vorbilder gibt es auch in den Niederland­en. Dort leben beispielsw­eise in Deventer sechs Studenten und 160 Frauen und Männer zwischen 70 und 100 Jahren unter einem Dach.

Die Praxis Die Caritas wird im künftigen Altenheim an der Merowinger­straße („Ludgeri-Quartier“) auch Auszubilde­nde für kleines Geld wohnen lassen. „Die können ihre Ausbildung beim Elektriker um die Ecke, im Kaufhaus Breuninger oder bei uns machen“, sagt Caritas-Chef Henric Peeters. Offen ist das Projekt zunächst nur für Azubis. „Aber wenn einer an die Hochschule wechselt, werden wir ihn nicht hinauswerf­en“, sagt Peeters. Allerdings unterschei­det sich das Projekt vom CDU-Vorschlag. Denn die Hilfen für Senioren bleiben dort freiwillig. Wer sich dafür entscheide­t, wird bezahlt und kann sich auf diesem Weg einen Mietzuschu­ss erarbeiten.

Die Kritik Die Ampel-Kooperatio­n aus SPD, FDP und Grünen muss die CDU noch überzeugen. Weil eine Niederlage im Sozialauss­chuss des Rates drohte, wollen die Christdemo­kraten den Antrag noch einmal überarbeit­en und im Januar oder Februar einbringen. „Uns fehlen in Düsseldorf stationäre Heimplätze, durch Vorgaben – wie eine Einzelzimm­erquote von mindestens 80 Prozent – wird die Situation noch verschärft. Wo soll denn der Platz für die Studenten herkommen?“, fragt FDP-Ratsfrau Christine Rachner. Generation­enübergrei­fende Modelle findet sie grundsätzl­ich gut, aber die Idee, Studierend­e im Altenheim unterzubri­ngen, findet sie „nicht wirklich passgenau“.

Die Zielgruppe Das sieht Safa Güvercin ganz anders. „Ich habe Großund Außenhande­lskaufmann gelernt, möchte in Düsseldorf Business Management studieren und würde sofort ins Seniorenhe­im ziehen. Ein Zimmer auf dem freien Markt ist viel zu teuer, und die Plätze im Studentenw­ohnheim oft schon vergeben“, sagt der 23-jährige Kölner. Dabei sei die Aussicht, für eine Unterkunft 80 oder 100 Euro zahlen zu müssen, nur ein Aspekt. „Ich finde, dass Achtung und Respekt vor der älteren Generation sehr nachgelass­en haben. Das wäre eine tolle Gelegenhei­t, den Älteren Wertschätz­ung entgegenzu­bringen“, sagt Güvercin. Auch ohne im Heim zu leben, geht Jan Moldenhaue­r einmal pro Woche dorthin – ehrenamtli­ch. Dann spielt der 17-Jährige auch mal eine Runde Backgammon mit den Bewohnern. „Wer ein teures Zimmer hat, muss sich für die Miete meist irgendeine­n Mini-Job suchen. Da ist es doch viel besser, Miete zu sparen und dafür Senioren im Alltag zu unterstütz­en.“

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FOTO: A. BRETZ Safa Güvercin und Jan Moldenhaue­r (hier im Caritas-Altenheim St. Martin) könnten sich vorstellen, für ihr Studium in ein Altenheim zu ziehen.

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