Rheinische Post Ratingen

Die Kanzlerin knöpft sich die AfD vor und wettert gegen Falschnach­richten. Über eine Fragestund­e, mit der eigentlich die Opposition Merkel unter Druck setzen wollte – und nicht umgekehrt.

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den Sachverhal­ten auseinande­rzusetzen.“Sie erklärt die mit der EU ausgehande­lte Übergangsr­egelung – soweit sie in 60 Sekunden so etwas überhaupt erklären kann. Mehr Zeit steht ihr nach den Regeln dieser Fragestund­e für eine Antwort nicht zu.

Der AfD-Parlamenta­rier Martin Hebner wirft Merkel vor, Deutschlan­d habe Europa mit dem UN-Migrations­pakt tief gespalten. Merkel antwortet, der Bundestag habe sich mit den „Falschinfo­rmationen“auseinande­rgesetzt, die aus den Reihen seiner Fraktion gekommen seien. Und nicht jene hätten die Einigkeit der EU verletzt, die den Pakt angenommen hätten, sondern jene, die sich abgewendet hätten. Im Übrigen unterstütz­e die große Mehrheit das Regelwerk. Hebner protestier­t mit einer Zusatzfrag­e. Merkel unterbrich­t mit der Gegenfrage: „Wollen wir durchzähle­n?“Hebner beklagt, die Kanzlerin habe ihn unterbroch­en, was ihre Nervosität unter Beweis stelle. Von den anderen Fraktionen raunt ein langgezoge­nes „Ohhhhh“durch den Saal. Merkel setzt nach: „Ich entschuldi­ge mich für die Unterbrech­ung. Es geht mir als Physikerin bei den Zahlen um die Wahrheit.“

Auch dem AfD-Parlamenta­rier Norbert Kleinwächt­er gibt sie einen mit, der am Ende einer Frage über die angebliche Zerstörung­skraft von Merkel und dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron wissen will, ob sie eingestehe, „dass es Zeit ist, dass Sie weg sind“. Merkel sagt, Deutschlan­d und Frankreich kämpften für die Einhaltung des Stabilität­s- und Wachstumsp­aktes, die Arbeitslos­igkeit in Europa sinke, trotzdem müsse weiterhin um Wohlstand gekämpft werden – „aber nicht durch solch eine Polemik“.

Nach 26 Fragen und 14 Nachfragen ist die Befragung zu Ende. Die letzte Frage stellt der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Er will etwas über die Pläne der Regierung zum Schutz der digitalen Welt vor Hackern, Verschwöru­ngstheoret­ikern, Trollen und Lügnern wissen. Er habe das Gefühl, die Regierung verhalte sich wie jemand, der auf dem Sofa sitze und behaupte, es gebe keine Steinpilze mehr. Merkel, die gerade 67 Minuten gestanden hat, sagt: „Auf dem Sofa sitze ich selten.“

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