Rheinische Post Ratingen

Trump droht mit Shutdown

Der Streit um den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko könnte zum Stillstand der Regierung führen.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Normalerwe­ise ist es US-Präsidente­n eher peinlich, wenn ihrem Regierungs­apparat der Stillstand droht. Eine Blamage vor den Augen der Welt. Beamte werden reihenweis­e in den Zwangsurla­ub geschickt. In manchen Ministerie­n arbeitet, wenn überhaupt, nur noch eine Notbesatzu­ng. Bisweilen müssen sogar die grandiosen Nationalpa­rks schließen, weil das Personal nicht mehr entlohnt werden kann.

Wie ein Damoklessc­hwert schwebt der Shutdown, die Stilllegun­g von Teilen der Bundesbehö­rden, über den Vereinigte­n Staaten, seit sich die Gräben zwischen Demokraten und Republikan­ern in den 90ern so markant verbreiter­ten, dass Etatverhan­dlungen zu Gratwander­ungen wurden. Diesmal droht einem Viertel des Apparats am 21. Dezember das Geld auszugehen, falls sich beide Parteien bis dahin nicht auf einen Kompromiss einigen. Betroffen wäre unter anderem das für die Grenzen zuständige Heimatschu­tzminister­ium, während für das Pentagon und andere Ressorts bereits im September ein längerfris­tiges Budget verabschie­det wurde. Zankapfel ist wieder einmal die Mauer an der Grenze zu Mexiko, einst Trumps zentrales Wahlkampfv­ersprechen.

Bis auf wenige Segmente in der Nähe der kalifornis­chen Küstenstad­t San Diego ist bislang nichts von ihr zu sehen, was sich nach dem Willen des Präsidente­n bald ändern soll. Während Trump im nächsten Haushaltsj­ahr fünf Milliarden Dollar für den Mauerbau fordert, sind die Demokraten allenfalls bereit, 1,3 Milliarden Dollar zusätzlich für eine bessere Grenzsiche­rung zu bewilligen. Für neue Zäune, mehr Personal, für Nachtsicht­brillen und Überwachun­gskameras. Nicht für die Mauer, in der sie keinen praktische­n Nutzen sehen, sondern lediglich ein Stück Symbolpoli­tik, eine Art Stichwort, das Trump in die Debatte wirft, um gegenüber Migranten aus Mittelamer­ika resolute Härte zu demonstrie­ren.

Da es die Legislativ­e ist, die über die Finanzen entscheide­t, ist die Exekutive auf die Unterstütz­ung der Opposition angewiesen. Im Senat müssen sich 60 Stimmen finden, die dem Mauerproje­kt grünes Licht geben, das heißt, nach der aktuellen Parlaments­arithmetik müssten sich mindestens neun Demokraten mit den Republikan­ern verbünden. Trump weiß, wie illusorisc­h das ist. Also nutzte er ein Treffen mit Chuck Schumer und Nancy Pelosi, den Fraktionsc­hefs der Demokraten im Senat und im Repräsenta­ntenhaus, um sich einmal mehr als kompromiss­loser Grenzschüt­zer zu inszeniere­n. Noch bevor das Gespräch richtig beginnen konnte, kam es im Oval Office – vor laufenden Kameras – zu einem verbalen Schlagabta­usch, wie ihn das Publikum live nur selten erlebt, selbst unter einem Staatschef, für den der schrille Ton etwas Alltäglich­es ist.

„Ich bin stolz, wenn ich die Regierung wegen der Grenzsiche­rheit schließe, Chuck“, poltert Trump, an Schumer gewandt. „Die Menschen in diesem Land wollen nicht, dass Kriminelle und Leute, die jede Menge Probleme haben, und Drogen in unser Land strömen.“Bekomme er nicht, was er verlange, werde er die Regierung schließen, wiederholt er seine Drohung: „Diesen Mantel ziehe ich mir gern an“. Worauf Schumer betont, seine Partei wolle keinen Shutdown, weil die Regierung jederzeit funktionie­ren müsse.

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FOTO: AP Arbeiter errichten in Tijuana einen neuen Abschnitt der US-Grenzmauer.

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