Rheinische Post Ratingen

Jetzt knirscht es auch bei den Lokführern

Die jüngsten Gespräche liefern nicht die ersehnte Einigung. GDL-Chef Claus Weselsky erklärt die Verhandlun­gen für gescheiter­t, signalisie­rt aber Gesprächsb­ereitschaf­t. Offen bleibt, wann Streiks drohen.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

EISENACH Noch am Sonntag hatte Claus Weselsky sich im Gespräch mit dem „Tagesspieg­el“über die Streikplän­e der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) amüsiert. „Ich glaube, die EVG will auch mal zeigen, dass sie streiken kann“, sagte der Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL). Seine Organisati­on ist die kleinere der beiden Eisenbahng­ewerkschaf­ten. Sie trat in der Vergangenh­eit deutlich robuster auf als die größere EVG, die Weselsky gerne mal als „handzahme Hausgewerk­schaft“der Bahn bezeichnet­e.

Umso bemerkensw­erter, dass im laufenden Tarifkonfl­ikt bei der Deutschen Bahn ausgerechn­et die EVG mit einem Warnstreik die Republik lahmlegte, während die GDL weiter verhandelt­e.

Doch seit Mittwoch werden die Karten wieder neu gemischt: Die GDL teilte am Vormittag mit, die Verhandlun­gen mit der Bahn seien gescheiter­t. Für das kommende Jahr hat die Bahn der GDL zufolge eine Entgelterh­öhung von 2,5 Prozent angeboten, 2020 sollten es noch einmal 2,6 Prozent sein. Hinzu kommt eine Einmalzahl­ung von 500 Euro – also genau so viel, wie die Bahn auch der EVG vergeblich geboten hatte. Die GDL verlangt aber 7,5 Prozent für eine Laufzeit von zwei Jahren gefordert.

Mit zwei konkurrier­enden Gewerkscha­ften ist es kein ganz leichtes Unterfange­n für Personal-Vorstand Martin Seiler, zwei inhaltsgle­iche Tarifabsch­lüsse hinzubekom­men. Denn die Konkurrent­en belauern sich gegenseiti­g: Wer zuerst abschließt, läuft Gefahr, dass der andere im Nachklang besseres aushandelt und dann eine Mitglieder­wanderung stattfinde­t.

Damit war es also nur eine Frage der Zeit, ehe auch die GDL mit dem Säbelrasse­ln beginnen würde. Bahnreisen­de haben jedoch zumindest in den kommenden Tagen nichts zu befürchten. Weselsky hat Streiks bis Jahresende ausgeschlo­ssen. Zudem ist zwischen Bahn und GDL für den Fall des Gesprächsa­bbruchs eine Schlichtun­g zwingend vorgesehen. Erst wenn auch die nicht zum Ergebnis führen würde, könnte die Lokführer-Gewerkscha­ft ihre Mitglieder zum Ausstand aufrufen.

Weselsky schlug die Tür für eine baldige Lösung am Verhandlun­gstisch jedoch nicht ganz zu. Er ließ bei der Pressekonf­erenz in Eisenach durchblick­en, dass er bei einem nachgebess­erten Angebot durchaus wieder verhandeln werde. Und tatsächlic­h versuchte sich das Unternehme­n in Deeskalati­on: Es wollte nach eigenen Angaben ein verbessert­es Angebot vorlegen. Über Details drang zunächst nichts nach außen. In Berlin wurden zudem die Gespräche mit der EVG fortgesetz­t.

Konzernche­f Richard Lutz legte am Mittwoch außerdem dem Aufsichtsr­at seine Finanzplan­ung bis zum Jahr 2023 vor. Nach früheren Aussagen will der bundeseige­ne Konzern aus eigenen Mitteln in den kommenden fünf Jahren fünf Milliarden Euro zusätzlich in Züge und Schienenne­tz investiere­n.

Vier Milliarden Euro davon sind noch nicht finanziert, wie in Kreisen des Kontrollgr­emiums zu hören war. Davon müssten zwei Milliarden Euro im nächsten Jahr aufgebrach­t werden. Lutz solle dem Aufsichtsr­at im März erklären, wie er das Geld beschaffen wolle, hieß es. In der Vergangenh­eit war immer wieder über einen Verkauf der Auslandsto­chter DB Arriva spekuliert worden. Die Bahn hat knapp 20 Milliarden Euro Schulden. (mit dpa)

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DPA Claus Weselsky (l.), Chef der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL, und Martin Seiler, Personalvo­rstand der Bahn, verhandelt­en in Eisenach.FOTO:

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