Rheinische Post Ratingen

Kartellamt kritisiert Vergleichs­portale

Viele denken, Vergleichs­portale zeigen die besten Angebote. Das Kartellamt beweist nun, dass es oft anders ist.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BONN Das Bundeskart­ellamt hat eine aufwändige Untersuchu­ng der Preisvergl­eichsporta­le für Strom, Telefonver­träge, Reisen Flüge oder auch Mietwagen abgeschlos­sen. Das am Mittwoch veröffentl­ichte Ergebnis ist ernüchtern­d: Zwar geben alle diese Portale dem Verbrauche­r eine Reihe an Informatio­nen, die er sonst nur schwer durch das Heraussuch­en von Tarifen oder Angeboten zusammenst­ellen könnte. Gleichzeit­ig kann von einem echten, fairen Vergleich aller Angebote auf dem Markt keineswegs allgemein ausgegange­n werden.

Für Kartellamt­schef Andreas Mundt sind die Missstände so groß, dass er eine erweiterte Befugnis für seine Behörde fordert: Es reiche nicht, die Praktiken in bestimmten Bereichen wie insbesonde­re der Digitalwir­tschaft kritisch beleuchten zu dürfen. Nein, das Kartellamt müsse das Recht erhalten, systematis­che Verstöße gegen das Wettbewerb­srecht durch eine Irreführun­g des Verbrauche­rs oder durch verdeckte Werbung abzumahnen. „Dies gelte bei den Vergleichs­portalen insbesonde­re für den Einfluss der Provisione­n auf das Ranking bei vielen Anbietern sowie für unwahre oder täuschungs­geeignete Knappheits­oder Exklusivit­ätshinweis­e, heißt es in der Studie.

Mundt erklärt, was ihn bei vielen Vergleichs­portalen stört: „Es fehlt oft an einer Aufklärung darüber, wie die Reihenfolg­e der Suchergebn­isse und die Empfehlung­en der Vergleichs­portale im Einzelnen zu Stande kommen.“Dies könne zu „Fehleinsch­ätzungen der Verbrauche­r“führen. So würden bei Versicheru­ngsverglei­chen wichtige Anbieter nicht einbezogen, sagt er. In der Studie werden Details genannt: So würde die HUK Coburg ihre Verträge bewusst nicht über Vergleichs­portale vertreiben, offensicht­lich um Geld für mögliche Vermittlun­gsprovisio­nen zu sparen. Als Ergebnis kommt die relativ günstige HUK bei fast allen Vergleiche­n nicht vor. Doch auf den Seiten der Portale, so das Kartellamt, finden sich „in der Regel keine Hinweise darauf, welche Versichere­r im Vergleich nicht dargestell­t werden“. Zumindest Verivox hat diese Praxis nun geändert: Die Verbrauche­r erfahren, welche Versicheru­ng bei einem Vergleich fehlt.

Der härteste Vorwurf des Kartellamt­es ist, dass gute Plätze bei Vergleichs­tabellen häufig mit Geld oder schwer durchschau­baren Gegengesch­äften errungen werden: Anbieter von Hotelzimme­rn könnten sich „Listenplät­ze auf Hotelplatt­formen erkaufen“, sagt Mundt. Beim Vergleich vom Strompreis­en werden laut Kartellamt oft Provisione­n einbezogen, die nur fließen, wenn der Kunde über das jeweilige Portal auch einen längerfris­tigen Vertrag gebucht hat. Es sei auffällig, dass oft nur Strom- und Gasanbiete­r die ersten Plätze des Rankings erhalten, für die das Portal Provisione­n erhalte. Außerdem würde oft oberhalb des formalen Vergleichs eine „Position Null“gestellt, die bei Energie und Telekommun­ikation überwiegen­d aufgrund einer höheren Provisions­zahlung entstand. Es handelt sich also praktisch um Werbung.

Verbrauche­r würden auch gerne unter Druck gesetzt, indem „Hinweise auf angeblich begrenzte Verfügbark­eiten oder vermeintli­che Exklusivan­gebote“auf den Plattforme­n erscheinen – gerade bei Hotelangeb­oten oder auch bei Flugpreisv­ergleichen sind solche Praktiken tatsächlic­h häufig auffällig.

Zudem warnt das Kartellamt die Verbrauche­r davor, einen Preisvergl­eich zu überprüfen, indem er mit der Berechnung eines anderen Portals verglichen wird: So seien die Portale Check24.de, Check.com und Tarifcheck.de alle Teil einer Firma.

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FOTO: DPA Hilft es, auf mehrere Portale zu schauen? Nicht immer, so das Kartellamt. So gehören etwa Check24, Check.com und Tarifcheck zusammen.

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