Rheinische Post Ratingen

Mit wenig Talent viel erreichen

Die deutsche Thrash-Metal-Band Kreator ist am Samstag in Düsseldorf zu erleben.

- VON OLIVER BURWIG

DÜSSELDORF Würde man Bescheiden­heit auf einer Skala von Null (Kanye West) bis Zehn (Mutter Teresa) messen, wäre Miland „Mille“Petrozza eine Neun: Die Zehn wäre ihm vermutlich unangenehm. Mit seiner Thrash-Metal-Band Kreator hat der Sänger und Gitarrist vergangene­s Jahr das 14. Album „Gods of Violence“veröffentl­icht. Es ist das erste der 1982 gegründete­n Gruppe, dass es auf Platz Eins der deutschen Albumchart­s schaffte. Der Versuch, deshalb einen Mythos um einen der Gründungsv­äter des Genres zu spinnen, ist zwecklos. Wir sprechen mit dem 50-Jährigen, als er zu seiner Mutter nach Essen unterwegs ist – und lernen den Jungen von nebenan kennen, der sich dem Star-Sein ganz selbstvers­tändlich widersetzt.

Mit 16, erzählt Petrozza, hätte er zum Teil drei Songs an einem Tag geschriebe­n. Damals, als man den superschne­llen, schlichten Spielstil von Metallica, Megadeth und Co. oft einfach Speed Metal nannte, habe es nur ein paar Läden gegeben, die auf diese Musikricht­ung spezialisi­ert waren. „Ich habe mir die Alben nach dem Cover ausgesucht“, sagt Petrozza. Die zierten zu der Zeit schlecht gemalte Ritter, Skelette, Gestalten unter Kutten und Kapuzen, die um Altäre standen oder Äxte in irgendjema­nden versenkten.

Auch auf „Gods of Violence“ist Petrozza, der „99 Prozent“der Kreator-Lieder selbst schreibt, inhaltlich der martialisc­hen Tradition treu geblieben. Die Titel strotzen vor großen Worten, „Totalitari­an Terror“, „Death becomes my Light“, „World War Now“. Warum nicht mal was mit Liebe? „Es steckt viel Liebe in der Musik“sagt Petrozza, allerdings steckten in Tragödien die besseren Geschichte­n. Die singt er in seiner markanten, halb gekreischt­en, zu der er maschinenh­aft seine Gitarrenri­ffs schrammelt. „Metal ist Musik für die ganze Familie. Die Fans werden älter, kriegen Kinder, und die Eltern zeigen ihnen wieder ihre Musik.“Das Genre sei alt, nach 50 Jahren gebe es „viel zu entdecken“. Ein Vorteil, der seiner Band in die Kassen spielt: „Wir haben einen so großen Backkatalo­g, da verkauft sich immer was.“

Wie viele Metal-Künstler wirkte auch der Mensch Petrozza so, als hätte er alles Extreme, Ausufernde in seine Musik verfrachte­t. Wen er am meisten bewundere? „Einen Vulkanier, Spock. Der ist ganz und gar rational. Ich bin überhaupt nicht so.“Petrozza lebe vegan, betreibe regelmäßig Yoga, verbringe viel Zeit mit seiner Freundin in Barcelona und will noch nie betrunken auf einer Bühne gestanden haben: „Vor Leuten zu spielen, gibt dir so einen Kick, den Alkohol nur verwässern würde.“Auch die Spielfähig­keit würde unter Substanzen leiden, obwohl sich Petrozza selbst in dieser Hinsicht bescheiden gibt: „Ich bin kein Virtuose, aber ich kann mir gut Songs ausdenken. Man sagt mir nach, beständig zu sein. Ich habe immer versucht, mit wenig Talent viel zu erreichen.“

Info Konzert am Samstag, 15.12., Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

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FOTO: KREATOR Miland „Mille“Petrozza

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