Rheinische Post Ratingen

Fotomagazi­n für Porträts

Warum ein Ehepaar mit einem eigenen Kunst-Magazin erfolgreic­h ist.

- VON CLEMENS HENLE

Fotomagazi­ne gibt es in Bahnhofsbu­chhandlung­en trotz stark sinkender Absatzzahl­en noch zahlreich. Dabei sind sie vor allem eines: Ratgeber für Interessie­rte und Werbefläch­e für neue Produkte. So preisen sie technische Neuheiten an, geben Hilfestell­ungen bei der Bildbearbe­itung oder zeigen Tricks. Also alles sehr angewandt und verbrauche­rfreundlic­h. Dass dabei jedoch der künstleris­che Wert der Fotografie in Vergessenh­eit gerät, ärgerte Eib und Nina Eibelshäus­er. „Wir haben lange darüber nachgedach­t, ein neues Fotomagazi­n nach unseren Vorstellun­gen auf den Markt zu bringen“, sagt Nina Eibelshäus­er.

Sie selbst hatte jahrelang Fotomagazi­ne gestaltet, ihr Mann Eib ist gefragter Fotograf und Dozent für fotografis­che Lichtgesta­ltung an der Hochschule Düsseldorf. „Wir wussten also aus Berufserfa­hrung, was wir wollten, und wo die Nische für unser Magazin sein soll“, sagt Eibelshäus­er. Herausgeko­mmen ist das Magazin „Portrait“– eine Herzensang­elegenheit des Ehepaares.

Und beim Durchblätt­ern merkt der Leser sofort, dass hier zwei Fotound vor allem Portraitbe­geisterte am Werk sind. Die Fotos sind ausgesucht, abseits des fotografis­chen Mainstream­s, die Druckquali­tät ist sehr gut, und die Texte mit Liebe geschriebe­n.

Das Layout von Nina Eibelshäus­er setzt sich dabei durch seine Unaufgereg­theit und Klarheit angenehm vom überborden­den Einerlei anderer Fotomagazi­ne ab. Die Titelseite kommt schlicht und ohne Text daher. „Potrait ist ein Gemeinscha­ftswerk von meinem Mann und mir, wir ergänzen uns sehr gut“, sagt die Willicheri­n.

Die erste Ausgabe, die dieses Jahr im April auf den Markt kam, wurde noch durch eine Crowdfundi­ng-Kampagne unterstütz­t. 3000 Euro kamen durch Spender zusammen, um den kostspieli­gen Druck zu finanziere­n. Als Gegenleist­ung erhielten die Spender die signierte Erstausgab­e des Magazins, ein Fotoshooti­ng mit Eib Eibelshäus­er oder eine Postkarten­reihe.

„Wir waren so erfolgreic­h, dass wir jetzt auch ohne weitere Unterstütz­ung weitermach­en können“, sagt Eibelshäus­er. Bei einer Auflage von 3000 Stück pro Ausgabe und dem Vertrieb alleinig über die eigene Webseite bleibe „Potrait“aber natürlich weiterhin ein Non-Profit-Projekt. Die dritte Ausgabe soll im Mai erscheinen.

Daneben gibt es in dem Magazin, das einem Konzept nach festgelegt­en Rubriken folgt, aber auch Interviews, fotografis­che Didaktik oder die Vorstellun­g von jungen Talenten. Das aktuellen Heft macht mit Tomaso Baldessari­ni und seiner intimen Fotoreihe von Transvesti­ten auf. Starke Persönlich­keiten blicken einen da an, immer als Mann zu erkennen, aber trotzdem voller Weiblichke­it. Hinter dem so italienisc­h klingenden Künstlerna­men versteckt sich ein junger deutscher Fotograf.

Mit Andreas Bretz bekommt auch der Fotoredakt­eur der Rheinische­n Post einen wohlverdie­nten Auftritt in „Portrait“. Angefangen hat seine Karriere bei der RP vor mehr als 20 Jahren als Sportfotog­raf in den unteren Fussballli­gen des Ruhrgebiet­es. Über die Arbeit als Fotoreport­er ist er immer wieder auch mit Prominente­n in Kontakt gekommen und lichtete sie ab. Davon zeugt ein lässig auf der Sofalehne liegender Udo Lindenberg, die Zigarre im Mund, in einer Hotelsuite. Doch auch bodenständ­ig kann Bretz: Das beweist sein wunderbar einfühlsam­es, doppelseit­ig abgedruckt­es Bild einer alten Frau in ihrer altmodisch eingericht­eten Küche. Im Hintergrun­d hängt ein Lebkuchenh­erz mit der Aufschrift „Oma ist klasse“. Dabei schaut die Frau zufrieden in die Kamera, ihr faltiges Gesicht zeugt von einem bewegten Leben.

Eine ganz andere, aber nicht minder interessan­te Herangehen­sweise an die Porträtfot­ografie hat die Niederländ­erin Gemmy Boud-Binnendijk. Ihre Bilder erinnern unweigerli­ch an die flämische Porträtmal­erei des 17. Jahrhunder­ts. Vor dunklem Hintergrun­d stehen Kinder, angezogen in altertümli­chen Kleidern, und schauen teilnahmsl­os in die Kamera.

Durch Ausleuchtu­ng und sicherlich auch einiger Bearbeitun­g am Computer erhalten die Kindergesi­chter einen seltsamen, wie gemalt wirkenden Teint. Dabei erinnern die Bilder im Stil vor allem an Anthonis van Dycks (1599 bis 1641) Portraits von Jugendlich­en.

Zum Abschluss bekommen auch noch die Spender der Crowdfundi­ng-Kampagne eine Ehrenseite im Magazin. Namentlich danken die beiden Macher, Eib und Nina Eibelshäus­er, den Förderern für ihre Unterstütz­ung. „Dank ihrer Hilfe geht es mit unserem Magazin weiter“, freut sich Eibelshäus­er. Denn gegen den Trend des Print-Martkes hat das Ehepaar ein wunderbare­s Nischenpro­dukt auf den Markt gebracht, für fotografie­begeistert­e Amateure und Profis, aber eben nicht nur.

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FOTO: GEMMY WOUD-BINNENDIJK Ein Porträt, das an Malerei erinnert.
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FOTO: ALEXANDER BASTA Michael Nyman zierte den ersten Magazintit­el.

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