„Mehrheit der Deutschen kauft lieber in Läden“
Der Rewe-Chef über die Bedeutung von Online-Handel und Digitalisierung sowie die Beziehung zum Fußball-Zweitligisten 1. FC Köln.
KÖLN Im Rewe-Vorstandsbüro steht Geißbock Hennes als Skulptur in Lebensgröße, an den Wänden hängen gerahmte Trikots des 1. FC Köln. Konzernchef Lionel Souque (47), Franzose, spricht fließend Deutsch mit Akzent – aber wenn es um den FC geht, wird er ziemlich kölsch. Der Rewe-Chef, Aufsichtsratschef des Zweitligisten, sagt, wie er die Zukunft von Konzern und Verein sieht.
Rewe gilt als Vorreiter im Online-Lebensmittelhandel. Kaufen Sie selber Essen im Internet?
SOUQUE Ich gehe am liebsten in Läden. Aber meine Frau kauft viel online, ab und zu auch Lebensmittel.
Wer kauft online, und was?
SOUQUE Die Produkte unterscheiden sich gar nicht so sehr von denen, die im Markt gekauft werden. Bei Frischware wie Obst und Gemüse sind viele Besteller noch zurückhaltend, dabei sehen wir gerade dort unsere Stärke als erfahrener Lebensmitteleinzelhändler. Die Kunden sind sehr unterschiedlich. Das können junge Familien sein, die keine Zeit für den Supermarktbesuch haben, oder ältere Menschen, die das Haus nicht mehr verlassen können. Die Mehrheit der Deutschen kauft nach wie vor lieber in Läden Lebensmittel.
Wird die Digitalisierung überschätzt?
SOUQUE Der reine Lieferservice ist für mich nur die Spitze des Eisbergs der Digitalisierung. Es geht vor allem darum, wie wir die Geschäftsmodelle und Prozesse unseres Konzerns im Handel und in der Touristik weiterentwickeln und erneuern können. Für unsere Kunden wird das an vielen Stellen spürbar. Eine große Zukunft sehen wir für Smartphone-Anwendungen. Wir bieten zum Beispiel über unsere App Rezepte an, deren Zutaten direkt bestellt werden können. Und wir nutzen Algorithmen, die nicht nur das Wetter und das Auftreten von Feiertagen in die Berechnungen einbeziehen, um immer präziser bestimmen zu können, welche Waren in welchem Markt in welchem Umfang geordert werden müssen. Künstliche Intelligenz hilft uns, diese Algorithmen weiter zu präzisieren.
Gibt es bald einen Rewe-Markt mit rein digitaler Zahlung ohne Kassen, wie bei Amazon in den USA? SOUQUE Einen Markt ohne Kassen wird es bei Rewe zumindest 2019 noch nicht geben. Dafür ist das Sortiment eines durchschnittlichen Rewe-Supermarktes von mehr als 10.000 Artikeln viel zu groß. Aber wir beobachten die Entwicklung verschiedener technischer Systeme sehr genau. In China zum Beispiel laufen Zahlungen im Einzelhandel fast nur noch über Smartphones.
Was sind die größten Herausforderungen für Rewe? SOUQUE Zum einen die Personalgewinnung. Wir stellen jährlich 20.000 Mitarbeiter ein; die sind nicht leicht zu finden. Dazu kommen Digitalisierung und demografischer Wandel. Wir müssen uns mit unserem Sortiment und unserer Immobilienplanung darauf einstellen, dass es immer weniger und immer ältere Menschen in Deutschland gibt. Gleichzeitig nimmt die Regulierung zu.
Die Bundesregierung hat in dieser Woche ein staatliches Tierwohl-Label angekündigt. Rewe beteiligt sich bereits an einer Fleischkennzeichnung des Einzelhandels, die Auskunft über die Tierhaltung gibt. SOUQUE Wir sind Initiator und Mitbegründer der Initiative Tierwohl, aber wir haben immer auch für ein verbindliches Label für alle Einzelhändler plädiert. Die Spielregeln müssen für alle Firmen gelten. Über einzelne Kriterien lässt sich diskutieren.
In der aktuellen Rewe-Werbung gibt es Schweinebraten für 4,99 Euro und Putenschnitzel für 6,99 Euro pro Kilo. Wie passt das mit Engagement für Tierwohl zusammen? SOUQUEDie Kunden sind nach wie vor sehr stark am Preis orientiert. Wir müssen Fleisch aus herkömmlicher und aus verbesserter Haltung anbieten. Nicht jeder kann sich das teurere Fleisch leisten. Aber die Nachfrage nach regionalen Produkten und BioFleisch wächst. Rewe ist der Trikotsponsor des 1. FC Köln. Ist es für das Unternehmen wichtig, ob der Verein in der 1. oder der 2. Liga spielt?
SOUQUE Ich glaube nicht, dass die Leute mehr bei uns einkaufen, wenn der FC in der 1. Liga spielt. Wir zahlen in der 2. Liga weniger für die Trikotwerbung, aber wir zahlen lieber mehr und der FC spielt in der 1. Bundesliga. Dann gibt es auch eine breitere Berichterstattung und die ganze Sache macht auch mehr Spaß.
Steigt der 1.FC Köln auf?
SOUQUE Ja! Die Rückkehr in die 1. Liga ist das Ziel des gesamten Vereins und aller Fans. Das ist allerdings kein Selbstläufer. Deshalb hat sich der FC in der Winterpause auch nochmal gut verstärkt.