Die Stars der Karibik
Die Exumas-Tour mit dem Boot lohnt sich dank zahlreicher tierischer Begegnungen – und der Insel von Nicolas Cage.
Um eine „Tour of the Stars“zu machen, muss man sich nicht unbedingt in einem Bus durch Hollywood kutschieren lassen. Auf den Bahamas, genauer im Exumas-Archipel eine knappe Flugstunde südlich von Nassau, ist die Prominenten-Dichte ebenfalls ziemlich hoch. Und nicht nur das: Statt auf verschlossene Villen-Tore und dichte Hecken zu schauen, braust man dort im Boot bei angenehmen 27 Grad durch ein paradiesisches Stück Karibik.
Diese Insel dort drüben? Die gehört dem Magier David Copperfield. „Die kann man auch mieten, pro Nacht für fast 40.000 Dollar“, sagt Captain Sugar Jr., als er bei dieser Tagestour mit rund einem Dutzend aufgeregt losknipsender Urlaubern an Bord daran vorbeisteuert – und schon wenige Minuten später vor der Insel des berühmten Country-Musiker-Paars Faith Hill und Tim McGraw stoppt. „Manchmal sieht man die beiden, wie sie hier mit Jet-Skis über die Wellen jagen.“
Dass Höchstverdiener wie Johnny Depp auf den Exumas in solch extravagante Domizile investiert haben, wundert nicht. Das Archipel besteht aus insgesamt 365 größeren, kleineren und winzigen Inseln, die in eine türkisblaue Karibik-Badewanne gebröselt worden zu sein scheinen: mit Palmen, weißen Stränden und Sandbänken, glasklarem Wasser und all dem, was man den idyllisch überhitzten Fotos in Urlaubskatalogen nie so recht glauben will. Im Gegensatz zu Nassau geht es karibisch gemütlich zu auf den Exumas. Die wenigsten Inseln sind bewohnt. Selbst auf Great Exuma leben in der Inselhauptstadt George Town gerade einmal 1500 Bahamians.
Zu entdecken gibt es auf den Exumas trotzdem einiges und der junge Captain verliert keine Zeit, um auch die meisten Highlights ansteuern zu können. „Ich bin Sugar – weil ich so süß bin“, stellt sich der junge Bahamian in Badeshorts mit einnehmendem Leuchtweißlächeln anfangs mit charmanter Ironie vor und rauscht zu Beginn des Ausflugs mit seinem Speedboat ordentlich los.
Auch wenn die Aussichten auf Promiinseln dabei immer wieder für kurzzeitige Aufregung an Bord sorgen, ist doch bald klar, wer die wahren Stars sind: die Tiere, denen man überall begegnet. Am berühmtesten sind natürlich die schwimmenden Hausschweine am „Pig Beach“, die den Bahamas eine virale Marketing-Kampagne beschert haben. Kaum legen Sugar und die anderen Ausflugsboote dort an, staksen viele braune, rosige, schwarze Stöckchenbeine vom Strand ins Wasser und strecken den Touristen ihre sandigen Steckdosennasen entgegen. Selbst die fettesten Grunzer lassen sich mit Aussicht auf Essen von den verzückten Touristen zum Selfie bewegen.
Schon einen Stopp später bietet sich das nächste Fotomotiv an, das zu Hause mit Sicherheit für ungläubige Blicke sorgen wird. Wer ein paar Dollar extra zahlt, darf auf Compass Cay nämlich an Land gehen und kann mit Haien schwimmen. Man muss ja später zu Hause nicht erzählen, dass es sich um Ammenhaie handelt, die eigentlich völlig harmlos sind.
Das gilt auch für die tierischen Bewohner auf Allen’s Cay, obwohl sie auf den ersten Blick gar nicht so wirken. Durch ihr prähistorisches Aussehen hat man eher den Eindruck, als wäre man bei kleinen Sauriern in einer Miniatur-Version von „Jurassic Park“gelandet. Der schmale Strand ist schließlich bevölkert von Dutzenden Leguanen, die bereits auf die nächste Fütterung lauern. Kaum sind die ersten Touristen am Strand, krabbeln sie los, laufen übereinander und durcheinander und strecken gierig ihre Köpfchen entgegen. Das nicht wirklich artgerechte Lockmittel: Toastbrot. „Die Insel gehört Nicolas Cage“, sagt Sugar Jr., als er gerade einen der kleinen Drachen für die Touristen hochhebt.
Die „Thunderball Grotto“, die der Captain etwas später ansteuert, war einst tatsächlich mal Drehkulisse: des gleichnamigen „James Bond“-Klassikers (dt. „Feuerball“), nach dem sie benannt wurde. Von außen ist dort zunächst kaum mehr als ein großer Felsen zu sehen. Kaum ahnt man daher, was für ein außergewöhnlicher Schnorchelstopp sich darin verbirgt.
Zum Finale dieses außergewöhnlichen Tages erreicht Sugars Boot dann Farmers Cay, das möglicherweise nicht viel mehr Einwohner als Meeresschildkröten hat, die im winzigen Hafen vom Boot aus zu sehen sind. „Kommt rein“, ruft einer der Insulaner und schnell steigen am Bootsanlegesteg einige ins Wasser, wo die kolossalen Panzer entspannt um sie herumtreiben. Wenig später geht der Tag langsam zu Ende. Die Sonne malt in Gelb und Rot über den zuvor tiefblauen Himmel, und das Speedboat legt wieder auf Great Exuma an, bevor man wirklich begreift, dass diese irreale Karibikkulisse mit ihren außergewöhnlichen Tierstars tatsächlich echt ist.