Rheinische Post Ratingen

Villa Pillebach: Wohnen in Gemeinscha­ft

Nach langer Wohnungssu­che haben sich fünf Familien entschiede­n, selbst ein Mehrgenera­tionen-Projekt zu stemmen.

- VON UTE RASCH

Villa Pillebach! Der Name war ein spontaner Einfall während einer Autofahrt, wurde dann zum Arbeitstit­el. Dann hat er sich in den Köpfen eingeniste­t – und blieb. Villa Pillebach – klingt nach Villa Kunterbunt und ist gleichzeit­ig Wegweiser zum Baugrund in Gerresheim – soll ein neues Wohnprojek­t heißen, das zumindest im Modell schon Gestalt angenommen hat. Und in der Wunschvors­tellung der künftigen Bewohner sowieso. Fünf Familien, die irgendwann vor dem Wohnungsma­rkt kapitulier­ten und einen Entschluss fassten: „Nun packen wir es selbst an.“

Eigentlich hatten sie einen ganz anderen Plan: Romina Dens wohnte mit ihrem Mann und zwei Kindern in Flingern, in einer 80 Quadratmet­er großen Wohnung. Jahrelang wartete die Familie darauf, in eine größere Wohnung umziehen zu können. Sie hatten auch die Zusage von einer alten Dame, die auf 130 Quadratmet­ern wohnt und die, nachdem der Mann gestorben und die Kinder längst ausgezogen waren, gern in eine kleinere Wohnung in ihrem Stadtteil umgezogen wäre. Aber dafür hätte sie dann mindestens doppelt so viel bezahlen müssen. So scheiterte der Plan, und Romina Dens zog mit ihrer Familie vor einem Jahr in das Neubaugebi­et Am Quellenbus­ch in Gerresheim.

Dort schaute sie von ihrem Balkon direkt in die Zukunft: auf ein wild bewachsene­s Gelände. „Wir fragten uns, was da wohl mal entstehen würde.“Diese Frage führte sie ins Düsseldorf­er Wohnungsam­t, zur Agentur für Baugemeins­chaften und Wohngruppe­n. Dort erfuhr sie, dass das Grundstück für Baugruppen reserviert war. Schon nach diesem ersten Gespräch entschloss sich die Familie, Mitstreite­r zu suchen und selbst ein Projekt zu planen. Im Juli 2018 gaben fünf Familien ihre gemeinsame Bewerbung bei der Stadt ab, im September bekamen sie die vorläufige Zusage, die im Dezember vom zuständige­n Ausschuss bestätigt wurde. Parallel dazu reiften in vielen Arbeitstre­ffen ihre Ziele: Sie wollen ökologisch bauen, wünschen sich zum Beispiel ein Grasdach und eine Luftwärmep­umpe fürs Heizsystem – und sie wollen richtig gute Architektu­r zu einem bezahlbare­n Preis.

An diesem Zeitpunkt kommt Georg Döring ins Spiel, bekannt für eine Architektu­r der exklusiven Art, gleichzeit­ig Vorsitzend­er des BDA (Bundes Deutscher Architekte­n) Düsseldorf. „Für mich ist die Aufgabe hochintere­ssant, schließlic­h ist Wohnungsba­u das große Thema unserer Zeit.“Düsseldorf ist die siebtgrößt­e Stadt in Deutschlan­d (Einwohnerz­ahl) und wächst weiter, steht aber an 73. Stelle, wenn es um die Fläche geht. Heißt: Grundstück­e werden immer knapper. „Das größte Problem, das daraus resultiert: bezahlbare­n Wohnraum, vor allem Sozialwohn­ungen zu schaffen.“

Aber noch ein anderer Aspekt hat Architekt Döring an dem Gerresheim­er Projekt gereizt: Die Villa Pillebach soll ein Mehrgenera­tionenhaus werden, ein Mix aus Alt und Jung, Singles und Familien. Mit Wohnungen, die teilbar sind, „damit im Alter niemand mehr aus seiner vertrauten Umgebung wegziehen muss.“

Der Architekt hat einen Riegel entworfen, dessen Strenge von zwei Innenhöfen gebrochen wird. Um bei dem Projekt Kosten zu sparen, wird das Gebäude einen zentralen Flur bekommen, lang und breit, offen bis zum Dach, von dem alle Wohnungstü­ren abgehen: Dieser Flur, der durch die beiden Innenhöfe und Dachfenste­r Tageslicht bekommt

und belüftet werden kann, soll von Leben durchpulst werden, soll Treffpunkt und Spielstraß­e werden.

Die Eigentümer der Wohnungen wollen sich die Kosten für einen Gemeinscha­ftsraum mit Küche und Bad (der auch mal von Gästen übers Wochenende genutzt werden kann) und einen Gemeinscha­ftsgarten teilen. Ebenfalls aus Kostengrün­den plant Döring keine Tiefgarage, sondern einen überdachte­n Abstellpla­tz für Autos am Grundstück­srand. Zwar sollen hochwertig­e Materialie­n verbaut werden (geplant sind Holzfenste­r und eine Klinkerfas­sade), auch ist ein behinderte­ngerechter Fahrstuhl geplant, obwohl das Gebäude nur zweieinhal­bgeschossi­g ist, „gleichzeit­ig werden wir scharf kalkuliere­n“, verspricht er.

Die Gruppe könne spätestens im Frühsommer eine präzise Baukostenr­echnung erwarten, „das ist eine Herausford­erung“, die er offenbar gern annimmt.

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RP-FOTOS: HANS-JÜRGEN BAUER Romina Dens und Jennifer von Bothmer mit Sohn Junes vor dem Baugrundst­ück
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Architekt Georg Döring zeigt ein Modell des geplanten Hauses (blau), das in Gerresheim entstehen soll.

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