Kühnert schreckt Groko-Gegner auf
Die mäßigenden Töne des Juso-Chefs rufen Widerspruch bei der Parteilinken hervor.
BERLIN (kd/mar) Der Fortbestand der großen Koalition ist trotz mäßigender Äußerungen von Groko-Skeptikern in der SPD nicht gesichert. Die designierten SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken wollen bei Klimaschutz, Digitalisierung, Mindestlohn und Investitionen in die Infrastruktur nachlegen. Doch ihre Versuche, die Delegierten des bevorstehenden Parteitags mehr auf Debatten über Sacharbeit als über Koalitionsbruch einzustimmen, wurden von Groko-Gegnern in der Partei am Mittwoch kritisch aufgenommen – so auch der Verweis von Juso-Chef Kevin Kühnert im Interview mit unserer Redaktion auf einen Kontrollverlust der SPD im Falle eines schnellen Ausstiegs aus der Koalition. „Ein ,Weiter so!’ will die Partei
nicht“, sagte etwa die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis in der ARD. Sonst hätten sich die SPD-Mitglieder nicht für das Duo Walter-Borjans und Esken an der Parteispitze entschieden.
Der Chef der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales in der Unionsfraktion, Peter Weiß, warf der SPD vor, beim Mindestlohn die Gesetzeslage nicht zu kennen. „Die Mindestlohnkommission entscheidet frei über die Höhe des Mindestlohns. Die Bundesregierung kann ihr keine Weisungen erteilen. So steht es im Mindestlohngesetz“, sagte er unserer Redaktion. „Daher wundert es mich, dass die neue SPD-Führung den Eindruck vermittelt, die Regierung könne einfach den Mindestlohn auf zwölf Euro anheben.“Das künftige SPD-Führungsduo will den Mindestlohn von derzeit 9,19 Euro pro Stunde auf zwölf Euro erhöhen. Die Mindestlohnkommission, die die Höhe in der Regel alle zwei Jahre neu festlegt, hat bereits eine Anhebung ab 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro vorgesehen.
Kühnert betonte auf Twitter, trotz seiner Verweise auf die Konsequenzen eines Koalitionsbruchs habe sich an seiner kritischen Haltung zur Groko nichts geändert. Er habe „keine Angst, mit der SPD in den nächsten drei Monaten, wenn es sein muss, in einen Bundestagswahlkampf zu gehen“. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es muss schnell Klarheit geben, wohin es geht.“