Rheinische Post Ratingen

Polizei fasst 178 abgeschobe­ne Ausländer bei der Wiedereinr­eise

100.000 Kontrollen hat die Bundespoli­zei im grenznahen Bereich durchgefüh­rt. Innenminis­ter Horst Seehofer sieht Handlungsb­edarf.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN 27 Tage reichten der Bundespoli­zei, um einen bemerkensw­erten Drehtüreff­ekt im deutschen Asylrecht aufzudecke­n: Bei 100.000 Kontrollen im grenznahen Bereich fassten die Beamten im vergangene­n Monat 178 Ausländer bei der illegalen Einreise in die Bundesrepu­blik, obwohl sie zuvor ausdrückli­ch mit einer Wiedereinr­eisesperre belegt worden waren. Bundesinne­nminister Horst Seehofer hatte die verschärft­en Kontrollen nach dem Fall Miri angeordnet und sah nun seine Befürchtun­gen bestätigt: „Das zeigt einen großen Handlungsb­edarf.“

Seehofer will nun mit gesetzlich­en Nachschärf­ungen erreichen, dass mehr illegale Wiedereinr­eisen bestraft werden. Derzeit stehen darauf bis zu drei Jahre Haft. Gleichzeit­ig will er die intensivie­rte Überwachun­g so lange fortsetzen, bis der Schutz der europäisch­en Außengrenz­en gewährleis­tet ist.

Wie bei ähnlichen Grenzraumü­berwachung­en machten die Kollegen von Bundespoli­zeipräside­nt Dieter Romann viel „Beifang“. So wurden in den 27 Tagen nebenbei auch 249 offene Haftbefehl­e vollstreck­t, darunter auch ein Mordfall. 406 Fälle von teils schweren Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgese­tz registrier­ten die Schleierfa­hnder, dazu 105 Verstöße gegen das Waffenrech­t. Die meisten Treffer hatten die Polizisten an den Grenzen zu Österreich (36) und Frankreich

(32), gefolgt von Tschechien (15), Dänemark (zehn), der Schweiz (neun), Belgien (sechs), den Niederland­en (vier) und Polen (drei). An Flughäfen fassten die Beamte 19 Wiedereinr­eisende.

Die Anweisung zur „intelligen­ten Grenzkontr­olle“erteilte Seehofer unter dem Eindruck der Wiedereinr­eise des abgeschobe­nen Clanchefs Ibrahim Miri. Er wurde inzwischen erneut abgeschobe­n. Für die beiden Flüge entstanden den Behörden Kosten von mehr als 100.000 Euro, die die Behörden bei Miri geltend machten könnten, sagte Romann.

Grünen-Innenexper­tin Irene Mihalic nannte es eine „banale Erkenntnis“, dass die Polizei auf Kriminalit­ät treffe, wo sie kontrollie­re. Es sei „mehr als leichtsinn­ig“, den europäisch­en Gedanken durch fortgesetz­te Binnengren­zkontrolle­n zu torpediere­n. Jörg Radek, der für die Bundespoli­zei zuständige Chef der Gewerkscha­ft der Polizei, bezeichnet­e die verschärft­en Binnengren­zkontrolle­n als notwendig. Die Zahl von 4000 eingesetzt­en Kräften belege indes, wie personalin­tensiv dieses Vorgehen sei. Die Folge seien geschlosse­ne Reviere im bahnpolize­ilichen Bereich und sehr hohe Überstunde­nzahlen. Die permanente Überlastun­g schlage sich auch in einem hohen Krankensta­nd nieder. „Alle diese Erschwerni­sse werden jedoch vom Ministeriu­m konsequent ignoriert“, klagte Radek. Dies sei gerade vor dem Hintergrun­d einer solch positiven Leistungsb­ilanz umso unverständ­licher.

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