Thyssen-Jobabbau trifft vor allem Bochum
Der Stahl-Vorstand hat dem Aufsichtsrat erste Details zu seiner „Strategie 20-30“präsentiert. Duisburg wird gestärkt. Für die Bereiche Grobbleche und Elektrostahl werden Restrukturierung, Stilllegung und Verkauf geprüft.
DUISBURG Der Stahlvorstand des taumelnden Industriekonzerns Thyssenkrupp hat am Dienstagnachmittag bei einer mehrstündigen Sitzung dem Aufsichtsrat Details zu Investitionen und Jobabbau vorgestellt. Wie unsere Redaktion aus Kreisen des Kontrollgremiums erfuhr, seien bei der „Strategie 20-30“signifikante Investitionszusagen insbesondere für höherfeste und feuerverzinkte Stähle versprochen worden.
Der Konzern selbst wollte sich nicht äußern. Aus einem Schreiben des Managements von Thyssenkrupp Steel Europe an die Mitarbeiter geht jedoch hervor, dass die Investitionszusagen über die zuletzt angekündigten Erhaltungsinvestitionen von 570 Millionen Euro hinausgehen sollen. „Der Spielraum für zusätzliche Mittel ist sehr begrenzt“, zitiert das Schreiben allerdings Thyssenkrupp-Konzernvorstandsmitglied Klaus Keysberg.
Weiter heißt es in dem Brief: „Das Produktionsnetzwerk wird sich verändern. Einzelne Anlagen werden hinzugefügt oder fallen weg. Es wird im Zuge der Stilllegungen eine Verlagerung von Arbeitsplätzen an andere Standorte geben.“Die Maßnahmen sollten „möglichst sozialverträglich“umgesetzt werden. Für die Bereiche Grobblech und Elektrostahl werden eine Restrukturierung, eine Stilllegung oder ein Verkauf geprüft. Der Standort Duisburg werde überproportional, aber nicht ausschließlich profitieren.
In Aufsichtsratskreisen heißt es, dass dort beispielsweise von einer Gießwalzanlage auf eine Stranggussanlage umgestellt werde. Auch sollen Teile des sogenannten nichtkornorientierten Elektrobandes von Bochum nach Duisburg wandern. All das deutet darauf hin, dass der Bochumer Standort die Hauptlast des Stellenabbaus schultern muss. Dort hat Thyssenkrupp bislang zwei Werke mit mehr als 2500 Beschäftigten.
Die Zahlen beim Stellenabbau könnten alleine für den gesamten Stahlbereich mit seinen 28.000 Jobs nach Informationen unserer Redaktion noch einmal um einen vierstelligen Betrag über den bereits genannten 2000 Stellen liegen.
Bislang handelt es sich bei alldem nur um Pläne des Stahlvorstandes, sie stehen noch unter dem Vorbehalt, dass die Thyssenkrupp AG ihnen zustimmt. Zudem stehen harte Verhandlungen an. Die Arbeitnehmervertreter werden die vorgelegten
Daten auf Plausibilität prüfen. Dafür haben sie im äußersten Fall bis zum Sommer Zeit. Das ermöglicht eine Verlängerung des Tarifvertrags Zukunft um bis zu sechs Monate, mit dem betriebsbedingte Kündigungen für diese Zeit vom Tisch sind. Allerdings ist das Management von Thyssenkrupp offenbar zuversichtlich, schon früher eine Einigung hinzubekommen. So schreibt Thyssenkrupp-Personalvorstand Oliver Burkhard: „Wir gehen davon aus, dass wir im ersten Quartal 2020 zu einer Einigung zum Zukunftskonzept für den Stahl kommen.“
Burkhard und der Vorstand der Aufzugsparte trafen sich am Mittwoch nach einer Kundgebung von 2500 Beschäftigten vor der Konzernzentrale mit einer Delegation der IG Metall, um über die Zukunft der Aufzugsparte zu sprechen. „Wir sind in den Verhandlungen mit Betriebsräten und Gewerkschaften für eine Rahmenvereinbarung bereits weit fortgeschritten“, so Burkhard.