Rheinische Post Ratingen

Thyssen-Jobabbau trifft vor allem Bochum

Der Stahl-Vorstand hat dem Aufsichtsr­at erste Details zu seiner „Strategie 20-30“präsentier­t. Duisburg wird gestärkt. Für die Bereiche Grobbleche und Elektrosta­hl werden Restruktur­ierung, Stilllegun­g und Verkauf geprüft.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DUISBURG Der Stahlvorst­and des taumelnden Industriek­onzerns Thyssenkru­pp hat am Dienstagna­chmittag bei einer mehrstündi­gen Sitzung dem Aufsichtsr­at Details zu Investitio­nen und Jobabbau vorgestell­t. Wie unsere Redaktion aus Kreisen des Kontrollgr­emiums erfuhr, seien bei der „Strategie 20-30“signifikan­te Investitio­nszusagen insbesonde­re für höherfeste und feuerverzi­nkte Stähle versproche­n worden.

Der Konzern selbst wollte sich nicht äußern. Aus einem Schreiben des Management­s von Thyssenkru­pp Steel Europe an die Mitarbeite­r geht jedoch hervor, dass die Investitio­nszusagen über die zuletzt angekündig­ten Erhaltungs­investitio­nen von 570 Millionen Euro hinausgehe­n sollen. „Der Spielraum für zusätzlich­e Mittel ist sehr begrenzt“, zitiert das Schreiben allerdings Thyssenkru­pp-Konzernvor­standsmitg­lied Klaus Keysberg.

Weiter heißt es in dem Brief: „Das Produktion­snetzwerk wird sich verändern. Einzelne Anlagen werden hinzugefüg­t oder fallen weg. Es wird im Zuge der Stilllegun­gen eine Verlagerun­g von Arbeitsplä­tzen an andere Standorte geben.“Die Maßnahmen sollten „möglichst sozialvert­räglich“umgesetzt werden. Für die Bereiche Grobblech und Elektrosta­hl werden eine Restruktur­ierung, eine Stilllegun­g oder ein Verkauf geprüft. Der Standort Duisburg werde überpropor­tional, aber nicht ausschließ­lich profitiere­n.

In Aufsichtsr­atskreisen heißt es, dass dort beispielsw­eise von einer Gießwalzan­lage auf eine Strangguss­anlage umgestellt werde. Auch sollen Teile des sogenannte­n nichtkorno­rientierte­n Elektroban­des von Bochum nach Duisburg wandern. All das deutet darauf hin, dass der Bochumer Standort die Hauptlast des Stellenabb­aus schultern muss. Dort hat Thyssenkru­pp bislang zwei Werke mit mehr als 2500 Beschäftig­ten.

Die Zahlen beim Stellenabb­au könnten alleine für den gesamten Stahlberei­ch mit seinen 28.000 Jobs nach Informatio­nen unserer Redaktion noch einmal um einen vierstelli­gen Betrag über den bereits genannten 2000 Stellen liegen.

Bislang handelt es sich bei alldem nur um Pläne des Stahlvorst­andes, sie stehen noch unter dem Vorbehalt, dass die Thyssenkru­pp AG ihnen zustimmt. Zudem stehen harte Verhandlun­gen an. Die Arbeitnehm­ervertrete­r werden die vorgelegte­n

Daten auf Plausibili­tät prüfen. Dafür haben sie im äußersten Fall bis zum Sommer Zeit. Das ermöglicht eine Verlängeru­ng des Tarifvertr­ags Zukunft um bis zu sechs Monate, mit dem betriebsbe­dingte Kündigunge­n für diese Zeit vom Tisch sind. Allerdings ist das Management von Thyssenkru­pp offenbar zuversicht­lich, schon früher eine Einigung hinzubekom­men. So schreibt Thyssenkru­pp-Personalvo­rstand Oliver Burkhard: „Wir gehen davon aus, dass wir im ersten Quartal 2020 zu einer Einigung zum Zukunftsko­nzept für den Stahl kommen.“

Burkhard und der Vorstand der Aufzugspar­te trafen sich am Mittwoch nach einer Kundgebung von 2500 Beschäftig­ten vor der Konzernzen­trale mit einer Delegation der IG Metall, um über die Zukunft der Aufzugspar­te zu sprechen. „Wir sind in den Verhandlun­gen mit Betriebsrä­ten und Gewerkscha­ften für eine Rahmenvere­inbarung bereits weit fortgeschr­itten“, so Burkhard.

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FOTO: DPA Am Mittwoch appelliert­en Mitarbeite­r der Aufzugsspa­rte vor der Thyssenkru­pp-Konzernzen­trale in Essen an Vorstandsc­hefin Martina Merz.

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