Dürfen private Pakete ins Büro?
In der Vorweihnachtszeit nimmt der Paketversand sprunghaft zu. Aber darf man sich die privaten Pakete auch an den Arbeitsplatz bestellen? Rechtlich handelt es sich um eine Grauzone. Ein Start-up hat den Bereich als Nische erkannt.
DÜSSELDORF Gerade zur Weihnachtszeit tun es viele, so als ob es ganz selbstverständlich sei, und geben beim Geschenkekauf im Internet einfach die Arbeitsadresse als Lieferort an. Das ist auch praktisch, man ist ja meist im Büro, wenn die Zusteller liefern. Praktisch ist es in der Tat, rechtlich aber heikel. Viele Arbeitgeber dürften die die Lieferung privater Pakete an den Arbeitsplatz dulden. Sie könnten es aber verbieten – und im Extremfall sogar eine Kündigung aussprechen.
Denn rechtlich handelt es sich um eine Grauzone. Einerseits hätten Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, sagt der Anwalt Julius Reiter von der Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter & Collegen. Laut dem Experten für Arbeitsrecht sei der Arbeitgeber andererseits aber verpflichtet, Privatpost auszugeben. Wenn es keine klare Ansage vom Chef gibt, ist die Sachlage also unklar.
Ein Verbot steht jeder Firma offen, schließlich geht dadurch Arbeitszeit verloren – und das nicht nur die des Adressaten, sondern beispielsweise auch die des Sekretariats, das die Sendungen häufig am Empfang entgegennehmen muss.
Reiter empfiehlt Arbeitgebern eine entspannte Einstellung beim Thema. Vor allem Firmen, die ihre Angestellten zur Weihnachtszeit besonders fordern, sollten ihnen lieber dieses Recht einräumen, sagt er. Erst wenn es Überhand nehme und man das Büro vor lauter Paketen nicht mehr sehen könne, sei ein
Verbot oder eine Abmahnung angemessen. Und sogar bei einer klaren Weisung könnte eine Auseinandersetzung zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen, warnt Reiter: „Ein Gericht würde bei einer Kündigung auf das Maß schauen.“
Doch was tut man, wenn die Annahme privater Pakete in der Firma nicht explizit geregelt ist – wie wohl in den meisten Fällen? Man kann sich nach dem Verhalten der Kollegen richten. Wenn der Büronachbar ständig seine Geschenke ins Büro liefern lässt, kann man es ihm gleichtun. „Es gilt der Gleichberechtigungsgrundsatz“, sagt Reiter.
Allerdings gebe es dabei Ausnahmen – etwa, wenn besagter Kollege sich zu Hause um zwei Kinder kümmern müsse und deshalb besonders wenig Freizeit habe.
Stimmt der Chef einer Paketannahme im Büro zu, ist die Lage klar. Dann freuen sich übrigens nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Zusteller. Denn so können DHL, DPD oder Hermes mehrere Pakete auf einmal abgeben. Das spart wertvolle Zeit bei der Suche nach der richtigen Adresse oder hilfsbereiten Nachbarn. Fehlversuche bei der Zustellung sind so gut wie ausgeschlossen – anders als zu Hause ist im Büro fast immer jemand da, der die Pakete annehmen kann. „Für uns ist es eine deutliche Erleichterung, wenn Menschen sich ihre Pakete an die Büroadresse liefern lassen“, heißt es beim Paketdienst DPD. Besonders in der Weihnachtszeit, wenn die Paketflut ihren Höhepunkt erreicht, dürfte diese Erleichterung mehr als willkommen sein.
Ein deutsches Start-up hat die Grauzone der privaten Sendungen im Büro sogar als Marktlücke erkannt – und nutzt sie erfolgreich. Pakadoo heißt die Firma, zu deren Kunden die Deutsche Bahn, Bosch und IBM gehören. Das Konzept: Firmen bezahlen für Software und App und legen einen Empfangsort fest. Mitarbeiter registrieren sich und bekommen eine E-Mail, wenn die Sendung da ist. Der Chef kann auch bestimmen, zu welcher Zeit man die Pakete abholen darf.
„Je nach Unternehmen kann es auch sinnvoll sein, den Pakadoo Point über die Mittagspause oder zur Feierabendzeit zu öffnen“, empfiehlt der Dienstleister auf seiner Homepage. Das sei rechtlich einwandfrei und koste den Mitarbeiter nichts, sagt eine Sprecherin. Kosten für die Software und den Kundenservice fallen bei der Firma an: Der Preis fängt bei 79 Euro für Firmen mit bis zu 300 Mitarbeitern an und reicht bis zu 499 Euro bei mehreren Tausend Mitarbeitern.
Sowohl Pakadoo als auch die Deutsche Post bieten Firmen die Option an, Packstationen auf das Firmengelände zu stellen. So wird aus der Grauzone ein Geschäftsfeld.